Deutschlands Infrastruktur ist in einem besorgniserregenden Zustand. Marode Brücken und ein sanierungsbedürftiges Schienennetz erfordern dringend Investitionen. Doch wer soll dafür aufkommen? Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht die Länder in der Pflicht. „Jede staatliche Ebene muss für die Finanzierung ihrer Infrastruktur die Verantwortung übernehmen“, betonte er gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).
Wissing erteilte damit den Forderungen der Länder nach einem gemeinsamen Infrastrukturfonds eine klare Absage. Die Länder hatten sich für einen milliardenschweren Investitionsfonds ausgesprochen, der als Sondervermögen des Bundes ohne Gewinnerzielungsabsicht eingerichtet werden sollte. Dieser Fonds sollte aus Nutzerabgaben wie der Lkw-Maut, Haushaltsmitteln und Geldern privater Investoren gespeist werden.
Der Vorstoß der Länder stieß bei Wissing auf wenig Gegenliebe. Der Bund sei zwar bereit, die Finanzierung der Bundesfernstraßen und Schienenwege über einen Strukturfonds zu prüfen, dies betreffe aber ausschließlich Infrastrukturen, die der Bund finanziere und für die er verantwortlich sei, stellte Wissing klar. Er würde es begrüßen, wenn die Länder sich mit dem gleichen Engagement um ihre Bauwerke kümmern würden, anstatt auf eine Initiative des Bundes zu warten.
Die Verkehrsminister der Länder hatten zuvor auf ihrer Herbstkonferenz einen „Neustart“ in der Infrastrukturfinanzierung gefordert. Zentrales Element sollte der von ihnen vorgeschlagene Infrastrukturfonds sein. Wissing hatte zwar Anfang des Jahres selbst einen Fonds ins Spiel gebracht, seitdem sei jedoch „wenig passiert“, kritisierte Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.
Der Vorstoß der Länder ist auch vor dem Hintergrund des Einsturzes der Carolabrücke in Dresden zu sehen. Dieses Ereignis habe den schlechten Zustand der deutschen Infrastruktur deutlich vor Augen geführt, so die Verkehrsminister. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) bezeichnete den Brückeneinsturz als „Warnschuss“ und hoffte, dass der Bund diesen gehört habe.
Wissings zögerliche Haltung in der Frage eines Infrastrukturfonds ist wohl auch auf den Widerstand aus den Reihen seines Parteifreundes und Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) zurückzuführen. Lindner lehnt neue Sondertöpfe ab, auch aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr, das die bisherige Haushaltsplanung der Ampelkoalition mithilfe des Klima- und Transformationsfonds gekippt hatte.
Die Verkehrsminister der Länder betonten jedoch, dass sie an einem „zukunftsfesten“ Finanzierungsmodell interessiert seien, das auch eine Beteiligung privater Investoren nicht ausschließe. Solche Modelle sind allerdings umstritten, da sie die Finanzierungskosten des Staates in der Vergangenheit aufgrund höherer Renditeerwartungen oft deutlich erhöht haben.
Quelle: F.A.Z. Artikel „Wissing kritisiert Länder wegen Infrastrukturfonds“ von Corinna Budras, veröffentlicht am 13.10.2024
Quelle: Der Spiegel, Artikel „Infrastruktur: Länder wollen Milliarden-Fonds für marode Straßen und Schienen“, veröffentlicht am 10.10.2024