19.10.2024
Israels Militäraktion im Westjordanland weckt internationale Aufmerksamkeit

Israels Armee beginnt im Westjordanland großangelegte Operation

In der Nacht zu Mittwoch hat die israelische Armee eine umfassende Militäroperation im besetzten Westjordanland gestartet. Diese Operation konzentriert sich auf die nördlichen Städte Dschenin und Tulkarem, die als Hochburgen militanter Palästinenser gelten. Nach Angaben des Militärs werden Anti-Terror-Einsätze durchgeführt, die sowohl Infanterie, Drohnen als auch Scharfschützen umfassen. Die Armee hat zudem mit Bulldozern Infrastruktur zerstört und sämtliche Zufahrtswege nach Dschenin abgeriegelt.

Berichten zufolge wurden in Dschenin zwei Personen durch Schüsse getötet und mehrere weitere verletzt. Das Gesundheitsministerium in Ramallah hat diese Informationen bestätigt. Später meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa zwei weitere Tote, die bei einem Drohnenangriff des israelischen Militärs auf ein Flüchtlingslager nahe Tubas ums Leben kamen. Ob es sich bei den Toten um militante Palästinenser handelt, ist bislang unklar, da die Armee noch keine detaillierten Angaben zu ihrem Einsatz gemacht hat.

Die Operation wird als eine der größten der israelischen Armee im Norden des Westjordanlands seit über 20 Jahren beschrieben. Der arabische Sender Al Jazeera berichtete, dass Palästinenser die Soldaten im Flüchtlingsviertel Nur Schams in Tulkarem mit Schusswaffen und Sprengsätzen angegriffen haben. Auch in anderen Ortschaften im Westjordanland kam es zu Zusammenstößen.

Umstellung von Krankenhäusern

Zusätzlich zu den Kämpfen umstellten die israelischen Einsatzkräfte auch Krankenhäuser in Dschenin und Tulkarem und blockierten den Zugang für Krankenwagen. Die Kontrolle über die Klinikgebäude wurde eingerichtet, um zu verhindern, dass sich Militante dort verschanzen. Diese Maßnahmen wurden von verschiedenen israelischen und palästinensischen Medien berichtet.

Die ohnehin angespannte Lage im Westjordanland hat sich seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023, bei dem 1.200 Menschen getötet wurden, weiter verschärft. Seit diesem Vorfall sind laut dem Gesundheitsministerium in Ramallah mehr als 620 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Angriffen von Extremisten getötet worden. Auch die Gewalt von israelischen Siedlern gegen Palästinenser hat in dieser Zeit zugenommen.

Vorangegangene Vorfälle

Bereits am Montag kam es zu tödlichen Vorfällen. Bei einem israelischen Luftangriff im Flüchtlingsviertel Nur Schams in Tulkarem wurden fünf Menschen getötet. Die israelische Armee gab an, dass das Bombardement militante Palästinenser zum Ziel hatte. Am selben Abend wurde ein israelischer Araber erschossen, nachdem israelische Siedler in eine palästinensische Ortschaft im Süden des Westjordanlands eingedrungen waren. Über die genauen Umstände des Vorfalls gibt es widersprüchliche Berichte.

Palästinensische Medien berichteten, dass der etwa 40-Jährige von Siedlern erschossen wurde, während israelische Medien angaben, dass die Schüsse von Soldaten abgegeben wurden. Berichten zufolge waren die Siedler in die Ortschaft eingedrungen, nachdem Vorwürfe laut wurden, dass Palästinenser israelische Fahrzeuge mit Steinen beworfen hätten.

Konfrontationen an der libanesischen Grenze

Während im Westjordanland immer wieder Zusammenstöße zwischen der israelischen Armee und militanten Palästinensern stattfinden, kommt es auch im Grenzgebiet zum Libanon nahezu täglich zu Konfrontationen mit der Hisbollah-Miliz und anderen Gruppen. Libanesische Sicherheitsquellen berichteten von einem mutmaßlich israelischen Drohnenangriff auf einen Lastwagen im Nordosten Libanons, der möglicherweise Waffen für die Hisbollah transportierte. Ein Mensch wurde bei diesem Vorfall verletzt.

Befreiung einer Geisel

Inmitten der anhaltenden Gewalt im Nahen Osten wurde eine Geisel der Hamas durch israelische Spezialeinheiten befreit. Die Soldaten fanden Kaid Farhan Alkadi in einem der vielen Tunnel der Hamas im Gazastreifen. Vor seiner Befreiung durchkämmten die Soldaten tagelang das unterirdische Tunnelsystem. Alkadi war nach Angaben des Militärs unbewacht und wurde in einem stabilen Gesundheitszustand ins Krankenhaus gebracht.

Die Befreiung von Alkadi, der 326 Tage in Gefangenschaft war, wurde von israelischen Politikern und Angehörigen als großer Erfolg gefeiert. Er forderte die Regierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die restlichen Geiseln zurückzubringen.

Insgesamt wurden am 7. Oktober 2023 mehr als 250 Menschen aus Israel in den Gazastreifen entführt. Nach der Freilassung einiger Geiseln hält die Hamas nach israelischen Angaben noch 108 Geiseln in ihrer Gewalt, wobei unklar bleibt, wie viele von ihnen noch leben.

Die Situation im Westjordanland und im Gazastreifen bleibt angespannt, während die israelische Armee weiterhin militärische Operationen durchführt, um gegen militante Gruppen vorzugehen.

Quellen: FAZ, Spiegel, Tagesschau, Süddeutsche Zeitung.

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