Nach 30 Jahren unermüdlichem Einsatz in den Sachsenhäuser Apfelweinwirtschaften hat Wolfgang Holzer, liebevoll "Brezelbub Wölfi" genannt, seinen Weidenkorb an den Nagel gehängt. Der 81-Jährige belieferte bis zuletzt die Lokale von Dienstag bis Samstag mit Brezeln, Käse- und Schinkenstangen, Kokosmakronen und dem traditionellen "Haddekuche", wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet. Wölfi war eine wahre Institution in Alt-Sachsenhausen, bekannter als so manche Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, so die FAZ.
Der "Haddekuche", ein hessischer Lebkuchen mit Rautenmuster, war neben den anderen Backwaren ein fester Bestandteil seines Sortiments. Wölfis Route führte ihn durch die Wirtschaften entlang der Klappergasse, der Kleinen und der Großen Rittergasse. Die Frankfurter Neue Presse (FNP) berichtete 2021 über seine Rückkehr nach dem Lockdown. "Es ist fast wie früher. Nur anders", wurde er damals zitiert, voller Freude, die Gäste wieder mit seinen Leckereien versorgen zu können.
Die Tradition der Brezelbuben, einst Bäckerlehrlinge, die die Gaststätten belieferten, reicht über ein Jahrhundert zurück. Wie die FNP in einem Artikel von 2019 beschreibt, waren sie früher zahlreich in Frankfurt vertreten. Axel Reiprich, ebenfalls Brezelbub, erklärte, dass Schlagfertigkeit, Kraft und Verkaufstalent unverzichtbar für diesen Beruf seien. Auch Witz gehörte dazu, jedoch niemals auf Kosten anderer.
Die Gastronomie hat sich jedoch stark verändert, die Ansprüche der Gäste sind gestiegen. Wo früher hauptsächlich Apfelwein getrunken und eine Brezel den kleinen Hunger stillte, bieten die Lokale heute umfangreiche Speisekarten. Die FAZ berichtet, dass dies zu einem Rückgang der Nachfrage nach Brezelbuben geführt hat. Von ehemals zehn sind nur noch zwei übrig geblieben. Auch der Blog der Bürger Für Frankfurt (BFF) thematisiert den Wandel in Alt-Sachsenhausen und bedauert den Verlust von Traditionen.
Der aus Oberrad stammende und in Nauheim lebende Wolfgang Holzer entschied mit 80 Jahren, dass es Zeit für den Ruhestand ist. Die Arbeit sei anstrengend gewesen, er habe immer "Druck" verspürt, die Ware zu verkaufen, erzählte er der FAZ. Trotzdem blieb er dem Frankfurter Ebbelweiviertel stets verbunden. Die Frankfurter Rundschau berichtete ebenfalls über das Ende dieser Ära und den Verlust eines Frankfurter Originals.
Die Geschichte der Brezelbuben ist untrennbar mit der Geschichte der Frankfurter Apfelweinwirtschaften verbunden. Wie auf der Webseite "Frankfurt-Lese" nachzulesen ist, waren sie mit ihren Körben und weißen Kitteln ein fester Bestandteil dieser Kultur. Neben Salzgebäck boten sie auch Süßes wie den "Haddekuche" an, der überraschend gut zum Apfelwein passte. Doch auch diese Tradition ist vom Wandel der Zeit bedroht.