7.11.2024
Lindners Entlassung Scholz stellt Vertrauensfrage

Der Bruch der Ampel-Koalition: Finanzminister Lindner muss gehen

Die deutsche Bundespolitik steht vor einem Umbruch: Finanzminister Christian Lindner (FDP) wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) noch heute, am Nachmittag des 7. November 2024, seine Entlassungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, soll Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Lindner mehrfachen Vertrauensbruch und Kleinkariertheit vorgeworfen hat, bei der Übergabe anwesend sein. Im Anschluss soll Lindners Nachfolger oder Nachfolgerin direkt ernannt werden. Der Name steht laut dpa bereits fest, wurde aber noch nicht offiziell bekannt gegeben.

Der Bruch der Ampel-Koalition kam nach einem erbitterten Streit über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik. Wie Business Insider berichtet, forderte Scholz unter anderem ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse, was Lindner ablehnte. In der Sitzung des Koalitionsausschusses schlug Lindner daraufhin eine Neuwahl des Bundestages vor. Dieser Vorschlag wurde öffentlich, woraufhin Scholz die Entlassung Lindners beim Bundespräsidenten beantragte. Die FDP zog daraufhin alle ihre Minister aus der Regierung zurück.

Die Süddeutsche Zeitung zitiert Scholz, der in einer Rede den Rausschmiss Lindners ankündigte und dabei hart mit dem Finanzminister abrechnete. Scholz warf Lindner vor, Kompromisse durch öffentlich inszenierten Streit übertönt und Gesetze sachfremd blockiert zu haben. Lindner konterte die Vorwürfe und beschuldigte Scholz, den Bruch der Koalition gezielt herbeigeführt zu haben. Er warf SPD und Grünen vor, seine Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nicht ernst genommen zu haben. Lindner betonte, dass er einer Aussetzung der Schuldenbremse nicht zustimmen könne, da dies seinen Amtseid verletzen würde.

Mit dem Rücktritt der FDP-Minister stehen auch die anderen Ministerien vor einer Neubesetzung. Wie FOCUS online berichtet, übernimmt übergangsweise Jörg Kukies, ein Top-Berater von Scholz, das Finanzministerium. Die weiteren FDP-Ministerien werden von grünen und SPD-Ministern vertreten, bis Nachfolger gefunden sind. So übernimmt Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Aufgaben von Verkehrsminister Volker Wissing, Familienministerin Lisa Paus (Grüne) die von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die von Justizminister Marco Buschmann. Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass Habeck das Finanzministerium nicht übernehmen wird, entgegen vorheriger Annahmen.

Die Übergangsregierung aus SPD und Grünen hat keine Mehrheit im Parlament. Scholz will am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Laut LTO muss diese spätestens Ende März stattfinden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, fordern andere Parteien jedoch, die Vertrauensfrage sofort zu stellen.

Die ungewisse Zukunft des Haushalts ist ein drängendes Problem. Die Süddeutsche Zeitung weist darauf hin, dass der Bundestag noch einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beschließen muss, um eine Haushaltssperre zu verhindern. Auch der Haushalt für 2025 ist noch nicht beschlossen. Das bedeutet große Unsicherheit, insbesondere für Angestellte mit befristeten Verträgen.

Trotz des Koalitionsbruchs will Scholz wichtige Projekte noch vor Jahresende durchs Parlament bringen, darunter steuerliche Entlastungen, ein Rentenpaket, die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, Hilfen für die Industrie und die Finanzierung der Verteidigung. Ob er dafür Mehrheiten findet, ist ungewiss, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Die Reaktionen auf das Ampel-Aus sind gemischt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt die Entlassung Lindners, während der Arbeitgeberverband Gesamtmetall eine rasche Neuwahl fordert. Wirtschaftsforscher Clemens Fuest vom Ifo-Institut hält das Ampel-Aus für den richtigen Weg, da eine Regierung, die sich nicht einigen kann, besser auseinandergehe, so die Süddeutsche Zeitung.

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