September 25, 2024
Mikroplastik im menschlichen Körper: Neue Erkenntnisse und Herausforderungen

Kunststoff im Hirn: Menschen können Mikroplastik nicht entkommen

In einer aktuellen Studie haben Forscher von der Universität São Paulo und der Freien Universität Berlin Mikroplastik in den Gehirnen Verstorbener nachgewiesen. Die Entdeckung, dass sich Mikroplastik im Riechkolben befindet, einem Bereich des Gehirns, an dem die Riechnerven enden, stellt einen alarmierenden Fortschritt in der Forschung über die Auswirkungen von Mikroplastik auf den menschlichen Körper dar. Bisher wurde Mikroplastik in verschiedenen Geweben, Organen und Körperflüssigkeiten gefunden, jedoch nicht im Gehirn. Die Analyse von 15 Gehirnen ergab, dass in acht Fällen die 16 gängigsten Kunststoffe nachgewiesen werden konnten.

Die Ergebnisse zeigen, dass etwa drei Viertel des Mikroplastiks aus Partikeln und ein Viertel aus Fasern bestehen. Über 40 Prozent der gefundenen Teilchen waren Polypropylen, ein Polymer, das häufig in Lebensmittelverpackungen und Folien verwendet wird. Die Forscher vermuten, dass die Mikroplastikpartikel wahrscheinlich über die Nase aufgenommen wurden, obwohl andere Aufnahmewege nicht ausgeschlossen werden können. Diese Erkenntnisse wurden im Fachmagazin „JAMA Network Open“ veröffentlicht.

Mikroplastikaufnahme durch Umweltfaktoren

Die Aufnahme von Mikroplastik ist für Menschen praktisch unvermeidlich, da sie über verschiedene Umweltfaktoren in den Körper gelangen. Feinstaub in der Atemluft und Mikroplastik in Lebensmitteln sind zwei der Hauptquellen. Studien haben gezeigt, dass Kunststoffpartikel in Fisch, Meeresfrüchten, Meersalz, Bier und sogar Honig gefunden wurden. Darüber hinaus können Kunststoffteilchen aus Verpackungen, wie etwa Plastikflaschen, ins Trinkwasser gelangen. Die genauen Mengen an aufgenommenem Mikroplastik sind schwer abzuschätzen. Die weit verbreitete Behauptung, dass Menschen in einer Woche Plastikpartikel in der Größe einer Kreditkarte konsumieren, wird jedoch als übertrieben angesehen.

Ursachen der Mikroplastikverschmutzung

Der Begriff Mikroplastik wurde vor 20 Jahren erstmals wissenschaftlich verwendet, und seitdem hat sich das Ausmaß der Umweltverschmutzung durch Plastikteilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind, erheblich verstärkt. Laut einem Bericht von Richard C. Thompson und seinem Team von der Universität Plymouth gelangen jährlich etwa 2,8 Megatonnen winzige Plastikpartikel in die Gewässer. Diese stammen aus verschiedenen Quellen, darunter Kunstfasern aus Waschmaschinen und abblätternde Lacksplitter von Schiffen. Ein Drittel des Mikroplastiks wird durch den Abrieb von Autoreifen erzeugt, während Plastikpellets aus der Kunststoffproduktion beim Abfüllen und Transport in die Umwelt gelangen.

Regulierungen und deren Auswirkungen

Einige Regulierungen haben bereits begonnen, die Quellen von Mikroplastik einzudämmen. In der Europäischen Union dürfen seit einem Jahr keine Mikroplastikpartikel mehr in Reinigungspasten enthalten sein, und ab Oktober 2035 wird Mikroplastik in Kosmetika vollständig verboten. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Belastung durch Mikroplastik zu reduzieren, obwohl sie nur etwa zwei Prozent des gesamten Mikroplastiks im Meer ausmachen.

Die größte Quelle: Plastikmüll

Die Hauptquelle für Mikroplastik ist jedoch zerfallendes Makroplastik, wie Plastikmüll, landwirtschaftliche Folien und Fischernetze. Jährlich gelangen etwa 7,6 Megatonnen dieser Materialien in die Ozeane, wo sie in immer kleinere Partikel zerfallen. An Land wird die Menge auf zehn bis 40 Megatonnen geschätzt, was bis zu fünfmal so viel ist. Wenn sich die Situation nicht ändert, wird erwartet, dass sich diese Mengen bis zum Jahr 2040 verdoppeln. Biologisch abbaubare Kunststoffe könnten zwar bei bestimmten Anwendungen, wie im Ackerbau und Fischfang, helfen, jedoch nicht das grundlegende Problem lösen.

Gesundheitliche Risiken durch Mikroplastik

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik sind noch schwer abzuschätzen, da die Vielfalt der Partikelformen, Kunststoffarten und Zusatzstoffe im Plastik eine umfassende Bewertung erschwert. Laborexperimente haben gezeigt, dass Mikroplastik Entzündungen, oxidativen Stress und Beeinträchtigungen des Immunsystems hervorrufen kann. Allerdings wurden in diesen Experimenten oft unrealistisch große Mengen an Mikroplastik verwendet. Langzeitfolgen sind bisher weitgehend unbekannt.

In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird die Wissenschaft voraussichtlich ein besseres Verständnis dafür entwickeln, wie verschiedene Arten von Mikroplastik die Gesundheit beeinträchtigen können. Die Autoren der Studie in „Science“ warnen jedoch davor, bis zur vollständigen Erforschung aller Risiken zu warten. Die bisherigen Erkenntnisse rechtfertigen bereits Maßnahmen zur Eindämmung der Kunststoffmengen, darunter das Verbot vermeidbarer Kunststoffprodukte, ein Produktdesign, das Recycling ermöglicht, und ein besseres Müllmanagement.

Angesichts der alarmierenden Ergebnisse ist es entscheidend, dass sowohl die Forschung als auch die Regulierung in diesem Bereich vorangetrieben werden, um die Exposition gegenüber Mikroplastik zu minimieren und die potenziellen gesundheitlichen Risiken zu verstehen.

Quellen: F.A.Z., JAMA Network Open, MedUni Wien, Science

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