Deutschland hat Milliardenforderungen gegenüber Unterhaltspflichtigen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 22. Dezember 2024 meldete, beliefen sich die ausstehenden Forderungen der Unterhaltsvorschusskassen der Bundesländer zum 31. Dezember 2023 auf 5,178 Milliarden Euro. Diese Summe, so das Bundesfamilienministerium auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Martin Gassner-Herz, stelle die über Jahre aufgelaufenen Außenstände dar. Die „Welt“ berichtete zuerst über die Antwort des Ministeriums (Zeit Online, 22.12.2024).
Der Staat springt mit dem Unterhaltsvorschuss ein, wenn ein Elternteil keinen oder nicht ausreichend Unterhalt für die gemeinsamen Kinder zahlt. Kann die Zahlungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nachgewiesen werden, kann der Staat die Leistungen zurückfordern.
Das Bundesfamilienministerium unter Lisa Paus (Grüne) betonte allerdings, dass der nominelle Forderungswert keine Garantie für kurzfristig realisierbare Einnahmen darstelle. Oftmals fehlten Informationen zur tatsächlichen Solvenz der Schuldner. Daher sei ungewiss, ob, wann und in welchem Umfang mit Einnahmen zu rechnen sei. Die Beweislast liege bei den Schuldnern. Sollten diese die notwendigen Informationen nicht liefern, müssten die Unterhaltsvorschusskassen von einer grundsätzlich einzufordernden Forderung ausgehen.
FDP-Politiker Gassner-Herz kritisierte die Antwort der Regierung. Er warf Familienministerin Paus vor, immer höhere, nicht vorhandene Geldsummen zu fordern, während sie gleichzeitig in ihrem Verantwortungsbereich Geld nicht eintreibe (Esslinger Zeitung, 22.12.2024). Ein konsequentes Eintreiben der Außenstände sei auch eine Frage der Gerechtigkeit, da der Steuerzahler für die säumigen Unterhaltszahler einspringen müsse.
Die Problematik nicht gezahlter Unterhaltsleistungen ist vielschichtig. Wie der MDR am 4. September 2023 berichtete, erhält etwa die Hälfte aller Alleinerziehenden keinerlei Unterhalt vom anderen Elternteil (MDR, 04.09.2023). Im Jahr 2022 zahlte der Staat 2,5 Milliarden Euro an Unterhaltsvorschuss aus, erhielt aber nur knapp eine halbe Milliarde zurück. Das Ifo-Institut berechnete 2018, dass 70 bis 80 Prozent der geschiedenen Männer genug verdienen, um Unterhalt leisten zu können. Es wird vermutet, dass viele ihr Einkommen geringer darstellen als es tatsächlich ist, unter anderem durch das Absetzen von beruflich bedingten Ausgaben. Zusätzlich erschwert wird das Eintreiben der Gelder dadurch, dass die Adressen der Unterhaltspflichtigen häufig unbekannt sind. Auch die Jugendämter stehen in der Kritik, da erfolgreich zurückgefordertes Geld hauptsächlich an Bund und Länder fließt und die Kommunen, welche die Sachbearbeiter bezahlen, wenig Anreiz zum Eintreiben haben.
Der rbb berichtete am 4. September 2024, dass Berlin im Jahr 2023 nur 15,8 Prozent der ausgezahlten Unterhaltsvorschüsse eintreiben konnte (rbb24, 04.09.2024). Von den rund 95,57 Millionen Euro, die Berlin für den Unterhaltsvorschuss aufwenden musste, wurden lediglich 15,07 Millionen Euro von den Zahlungspflichtigen eingezogen. Als Gründe für die niedrige Rückholquote werden überlastete Jugendämter und die schwierige Durchsetzung der Ansprüche angeführt.
T-Online beleuchtete am 30. September 2016 die Beweggründe von Unterhaltsverweigerern (T-Online, 30.09.2016). Oftmals liege der Grund nicht in mangelnder Liebe zum Kind, sondern im Konflikt mit dem ehemaligen Partner. Viele Väter hätten den Eindruck, dass das Geld an die Mutter und nicht ans Kind fließe. Das Prognos-Institut stellte jedoch fest, dass Alleinerziehende einen deutlich höheren Anteil ihrer Ausgaben für ihre Kinder aufwenden als Paare.