Ein Team von Archäologen unter der Leitung von Jochem Kahl von der Freien Universität Berlin hat in Ägypten einen bemerkenswerten Fund gemacht: das fast 3.900 Jahre alte Grab der Priesterin Idy. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, war die Entdeckung ein reiner Zufall. "Es war nie die Absicht, Idy zu finden", wird Kahl von der dpa zitiert. "Das war völlig überraschend." Der Fundort, ein etwa 200 Meter hoher Kalksteinhügel in Assiut, wird von Kahl und seinem Team bereits seit zwei Jahrzehnten erforscht und diente in der Pharaonenzeit als Begräbnisstätte für schätzungsweise 10.000, vermutlich wohlhabende Menschen.
Der außergewöhnlich gute Erhaltungszustand des Grabes macht es zu einer Seltenheit. "Es ist heutzutage selten, ein Grab in Ägypten zu finden, das ein relativ komplettes Grabinventar hat", erklärte Kahl gegenüber der dpa. Zu den Fundstücken gehören zwei ineinandergestellte Holzsärge, reich verziert mit Zeichnungen und Inschriften, die auf Idys Wohlstand hindeuten. Des Weiteren wurden Statuen, ein Dolch und Kanopen, Gefäße für die Eingeweide, entdeckt. Die Mumie der Priesterin wurde zwar von Grabräubern in der Antike beschädigt, ihre Knochen befanden sich jedoch noch in der Grabkammer.
Idy diente als Priesterin der Göttin Hathor und trug den Titel "Herrin des Hauses", was auf ihre Abstammung aus einer wohlhabenden Familie schließen lässt. Ihr Alter zum Zeitpunkt des Todes wird auf ungefähr 40 Jahre geschätzt. Die Texte auf den Särgen bieten Einblicke in die altägyptischen Vorstellungen vom Jenseits. Sie enthalten "Anleitungen" für den Übergang ins Jenseits, darunter Frage-und-Antwort-Spiele, die Idy bewältigen musste. Auch eine Auflistung symbolischer Opfergaben, wie Brot, Bier, Öl, aber auch Pfeil und Bogen und 2.000 Harfen, ist verzeichnet.
Das Grab von Idy befindet sich innerhalb der Grabanlage ihres Vaters, Djefai-Hapi I., die auf etwa 1880 v. Chr. datiert wird. Die Grabkammer liegt in einem 14 Meter tiefen Schacht. Die Anlage selbst ist beeindruckend groß, mit Räumen von bis zu 11 Metern Höhe und 28 Metern Tiefe, die 70 Meter weit in den Berg hineinreichen. "Das ist das größte nicht-königliche Grab seiner Zeit in Ägypten", so Kahl.
Die Ausgrabungsarbeiten unter den klimatischen Bedingungen Ägyptens sind beschwerlich. Bei 40 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit mussten die Forscher durch enge Schächte klettern. "Unerschrockenheit und viel Herzblut" seien erforderlich, berichtet Kahl. Das internationale Team, bestehend aus etwa 20 Wissenschaftlern und 40 bis 80 ägyptischen Arbeitern, forscht jedes Jahr zwischen Mitte August und Mitte Oktober in Assiut, in Zusammenarbeit mit der Universität Sohag (Ägypten), der Universität Kanazawa (Japan) und der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Ziel ist es, die Geschichte der antiken Stadt anhand der Funde zu rekonstruieren.
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