September 20, 2024
Rechtsstreit um Klimaaktivismus und Kunstschutz in Dresden

Klimaaktivismus: Schadenersatzprozess wegen Attacke auf Dresdens Sixtina

Im August 2022 ereignete sich ein Vorfall in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden, der sowohl die Kunstwelt als auch die Öffentlichkeit aufrüttelte. Zwei junge Aktivisten der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" klebten sich mit Sekundenkleber an den Rahmen des berühmten Gemäldes "Sixtinische Madonna" von Raffael. Diese Aktion war Teil eines Protestes, um auf die drängenden Probleme des Klimawandels aufmerksam zu machen. Der Vorfall führte zu einer Verurteilung der beiden Aktivisten und nun, fast zwei Jahre später, stehen sie erneut vor Gericht, diesmal wegen eines Schadenersatzprozesses.

Am 23. August 2022 hatten die beiden Aktivisten, eine 23-jährige Frau und ein 24-jähriger Mann, ihre Hände an den Rahmen des Meisterwerks befestigt. Ihre Intention war es, ein Bewusstsein für die Klimakrise zu schaffen und die Öffentlichkeit auf die verheerenden Auswirkungen aufmerksam zu machen, die diese Krise auf Kunstwerke und Kulturgüter haben könnte. Laut den Angeklagten war die Aktion auch eine Reaktion auf die verheerenden Waldbrände in der Sächsischen Schweiz, die kurz vor ihrem Protest stattfanden.

Die beiden Aktivisten wurden im Juni 2023 wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung verurteilt und erhielten jeweils eine Geldstrafe von 600 Euro. Der Richter erkannte an, dass sie die Tat gestanden und sich kooperativ gezeigt hatten. Der Schaden, der am Rahmen des Gemäldes entstand, wurde auf etwa 2.300 Euro geschätzt, wobei das Gemälde selbst nicht beschädigt wurde. Die Reparatur des Rahmens erforderte jedoch mehrere Arbeitsstunden von Restauratoren, was zu einer Schließung des Museums für den Rest des Tages führte.

Der aktuelle Zivilprozess, der am kommenden Montag vor dem Landgericht Dresden beginnt, wird von der sächsischen Staatsregierung angestrengt. Diese fordert von den Aktivisten Schadenersatz in Höhe von über 10.000 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus den Reparaturkosten sowie den entgangenen Einnahmen des Museums während der Schließung zusammen. Ein Sprecher des Landgerichts bestätigte, dass es sich um eine ernstzunehmende Klage handelt, die die finanziellen Folgen der Aktion in den Mittelpunkt stellt.

Die Angeklagten haben in ihren bisherigen Aussagen betont, dass ihre Absicht nicht darin bestand, die Kunst oder das Museum zu schädigen, sondern vielmehr, die Gesellschaft auf die Gefahren des Klimawandels aufmerksam zu machen. Sie argumentierten, dass die Zerstörung von Kunstwerken durch die Klimakrise eine reale Möglichkeit darstellt und dass ihr Protest notwendig sei, um diese Thematik ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Im Rahmen des Prozesses werden auch Restauratoren als Zeugen auftreten, die bestätigen können, wie viel Aufwand in die Beseitigung des Schadens investiert werden musste. Die Aktivisten haben ihre Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten, die sie den Museumsgästen und Angestellten bereitet haben, zum Ausdruck gebracht. Sie betonten, dass ihr Protest nicht gegen die Kunst oder die Kultur gerichtet war, sondern einen dringenden Appell an die Gesellschaft darstellen sollte.

Der Richter hatte in der vorherigen Verhandlung den Aktivisten Idealismus zugestanden, wies jedoch darauf hin, dass sie ihre Ziele auch ohne Straftaten erreichen könnten. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht die Balance zwischen dem Recht auf Protest und den rechtlichen Konsequenzen von Handlungen, die als Sachbeschädigung angesehen werden, sorgfältig abwägen muss.

Die Diskussion um Klimaaktivismus und die damit verbundenen Protestformen ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Während einige die Methoden der Aktivisten als notwendig und gerechtfertigt ansehen, kritisieren andere die potenziellen Schäden, die durch solche Aktionen verursacht werden können. Der Ausgang dieses Prozesses wird nicht nur für die beiden Angeklagten von Bedeutung sein, sondern könnte auch weitreichende Implikationen für zukünftige Protestaktionen im Namen des Klimaschutzes haben.

Insgesamt zeigt dieser Fall, wie komplex die Beziehung zwischen Kunst, Aktivismus und rechtlichen Rahmenbedingungen ist. Die Entscheidung des Gerichts könnte als Präzedenzfall für ähnliche Aktionen in der Zukunft dienen und die Diskussion über die Grenzen des Protestes in einer Zeit, in der der Klimawandel als eine der größten Herausforderungen der Menschheit angesehen wird, weiter anheizen.

Die Öffentlichkeit wird mit Spannung auf den Verlauf des Prozesses blicken, der am kommenden Montag beginnt. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind nicht nur rechtlicher Natur, sondern betreffen auch tiefere gesellschaftliche und ethische Überlegungen zur Rolle des Aktivismus in der heutigen Zeit.

Quellen: Zeit Online, Süddeutsche Zeitung, MDR Sachsen.

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