Der Streit um gendersensible Sprache in Rostock spitzt sich zu. Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) hat laut dpa Widerspruch gegen einen Beschluss der Bürgerschaft eingelegt, der Genderzeichen in der externen Kommunikation der Stadtverwaltung untersagt. Die Stadtvertretung begründet das Verbot mit den geltenden Rechtschreibregeln. Kröger argumentiert hingegen, dass diese Einschränkung die Kommunikation der Verwaltung zu stark beeinträchtige. Wie die Zeit berichtet, betont Kröger die Notwendigkeit, verschiedene Zielgruppen in Broschüren, Flyern und im Internet gezielt anzusprechen, unter anderem auch mit Wortwitz und Wortspielen. Um Aufmerksamkeit zu erzeugen, müsse im Ausnahmefall von den Rechtschreibregeln abgewichen werden können – „vielleicht auch durch Verwendung der teils polarisierenden Genderzeichen“, so Kröger.
Bereits im Mai 2024 hatte die Stadtverwaltung einen Leitfaden für gendersensible Sprache herausgegeben, der laut Süddeutscher Zeitung auf Kritik, insbesondere von CDU und FDP, stieß. Der Leitfaden enthielt Formulierungsvorschläge mit Sternchen und Partizipkonstruktionen. Die CDU warf der Oberbürgermeisterin die Einführung eines eigenen Rechtschreibregelwerks vor, die FDP sprach von „unnötiger politischer Instrumentalisierung der Sprache“. Beide Parteien betonten die Wichtigkeit der amtlichen Rechtschreibung und der Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung.
Wie der Nordkurier berichtet, entfachte sich die Debatte in der Bürgerschaftssitzung am 4. Dezember erneut aufgrund von Anträgen von AfD und CDU, die Genderzeichen in der Verwaltung, den kommunalen Unternehmen und städtischen Kultureinrichtungen verbieten wollten. AfD und CDU priorisierten die Verständlichkeit und die Einhaltung der deutschen Rechtschreibung, während Linke, SPD, Grüne und FDP die Bedeutung von Gendern für Respekt, Gleichbehandlung und Inklusion hervorhoben. Die Oberbürgermeisterin betonte die Mündigkeit der Bürger und den empfehlenden, nicht verpflichtenden Charakter des Leitfadens. Die Bürgerschaft lehnte die Anträge von AfD und CDU schließlich ab.
Der Nordkurier dokumentierte außerdem eine Straßenumfrage, in der sich die Mehrheit der Befragten gegen Gendersprache aussprach. Auch die Ostsee-Zeitung berichtete über die kontroversen Reaktionen in der Bevölkerung. Eine weitere Straßenumfrage des Nordkuriers verdeutlichte den Widerstand gegen Gendersprache in Rostock. Die Ostsee-Zeitung berichtete zudem über Krögers Widerspruch gegen den Bürgerschaftsbeschluss und ihre Absicht, die Rechtmäßigkeit des Verbots vom Innenministerium prüfen zu lassen, falls die Bürgerschaft in ihrer Januarsitzung bei ihrer Entscheidung bleibt.
Kröger schlägt nun einen Kompromiss vor: In der internen Kommunikation, im behördlichen Schriftverkehr und in hoheitlichen Schreiben soll auf Genderzeichen verzichtet werden, „solange diese noch nicht in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufgenommen wurden“. Katapult MV berichtete über die Bürgerschaftssitzung und den angenommenen Antrag von Rostocker Bund und Freien Wählern, der die Verwaltung verpflichtet, in der externen Kommunikation auf Sonderzeichen zu verzichten. Intern darf die Verwaltung weiterhin mit Sonderzeichen gendern. Die Folgen dieses Beschlusses bleiben abzuwarten.