Schweden genießt den Ruf eines großzügigen Sozialstaates mit hohen Lebensstandards. Entgegen dieser gängigen Vorstellung arbeiten Schweden jedoch im Vergleich zu Deutschen mehr und sind seltener krankgeschrieben. Dies beleuchtet ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 25.12.2024, der den Rekordkrankenstand in deutschen Unternehmen und die kritische Äußerung eines schwedischen Topmanagers zur deutschen Arbeitsmoral thematisiert.
Dieser scheinbare Widerspruch zwischen sozialer Absicherung und Arbeitsengagement wirft Fragen auf. Entspricht das schwedische System tatsächlich dem weitverbreiteten Bild der Großzügigkeit? Ein Blick auf die schwedische Beschäftigungsstruktur und Arbeitsmarktpolitik bietet einige Erklärungen. Gemäß einem Arbeitsdokument der Wissenschaftlichen Direktion des Europäischen Parlaments ist die Erwerbstätigenquote in Schweden im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hoch, trotz eines leichten Rückgangs in den 1990er Jahren. Der Dienstleistungssektor dominiert den Arbeitsmarkt, gefolgt von Industrie und Landwirtschaft, wobei die Forstwirtschaft eine bedeutende Rolle spielt.
Trotz hoher Beschäftigungszahlen bleibt auch Schweden von Arbeitslosigkeit nicht verschont. Wie das Europäische Parlament berichtet, erreichte die schwedische Arbeitslosenquote Mitte der 1990er Jahre einen für das Land ungewöhnlich hohen Stand. Die schwedische Regierung reagierte darauf mit einer Reihe von Maßnahmen, die auf dem Aktivierungsprinzip basieren. Aktive Arbeitsmarktprogramme zur Vermittlung zwischen Arbeitssuchenden und Arbeitgebern sowie Weiterbildungs- und Programme zur Förderung von Berufserfahrung stehen dabei im Vordergrund.
Im Unterschied zu vielen anderen europäischen Ländern zeichnet sich die schwedische Arbeitsmarktpolitik durch einen hohen Anteil an Ausgaben für aktive Arbeitsmarktprogramme aus. Dies unterstreicht die Priorität der schnellen Wiedereingliederung von Arbeitslosen. Die öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienste spielen eine zentrale Rolle. Private Arbeitsvermittler sind zwar zugelassen, haben aber bisher nur einen geringen Marktanteil erreicht.
Die Diskussion um den schwedischen Sozialstaat und die Arbeitsmoral verdeutlicht das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Die hohe Arbeitsmoral der Schweden lässt sich nicht allein durch die Ausgestaltung des Sozialsystems erklären. Kulturelle Einflüsse und eine aktive Arbeitsmarktpolitik tragen ebenfalls maßgeblich dazu bei. Die vergleichsweise geringe Anzahl an Krankheitstagen könnte zudem auf ein anderes Verständnis von Gesundheit und Arbeit zurückzuführen sein.
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