September 10, 2024
Stromtrasse durch Thüringen: Ramelow fordert klare Prioritäten und Transparenz

Trassenführung: Ramelow interveniert erneut gegen Stromtrasse

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich erneut gegen den geplanten Verlauf einer neuen Stromtrasse durch Südthüringen ausgesprochen. In einem Schreiben an die Bundesnetzagentur, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, stellt Ramelow die Frage, warum die Behörde bei der Trasse P540, die zur Versorgungsstabilität in Bayern beitragen soll, nicht die Priorität der Netzoptimierung vor einem Netzausbau setze. Diese Intervention folgt auf anhaltende Bedenken in Thüringen bezüglich der Auswirkungen des Projekts auf die Region.

Die bereits in den vergangenen Jahren in Thüringen errichteten Trassen sind auf eine deutlich höhere Kapazität ausgelegt, als sie derzeit von Bayern genutzt werden. Ramelow bezeichnete es als einen „volkswirtschaftlichen Skandal“, dass die in Thüringen für eine doppelt so hohe Übertragung ausgelegte Stromtrasse nur zur Hälfte genutzt werden könnte, während in Bayern die notwendigen Kapazitäten fehlen. Er kritisierte, dass Bayern sich in dieser Situation einen „schlanken Fuß“ mache und forderte stattdessen den Ausbau der bestehenden 380-KV-Leitung, anstatt eine neue Trasse zu bauen.

Transparenz und Denkmalschutz

In dem Brief an die Bundesnetzagentur, der kurz vor der bevorstehenden Landtagswahl versendet wurde, bemängelt Ramelow die mangelnde Transparenz im Verfahren und den Umgang mit Thüringen. Besonders besorgt zeigt er sich über die potenziellen Auswirkungen des Trassenverlaufs auf die „Veste Heldburg“ im Kreis Hildburghausen, die das Deutsche Burgenmuseum beherbergt. Eine denkmalschutzrechtliche Einschätzung der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten wurde dem Schreiben beigefügt, um die Bedenken zu untermauern. Ramelow erwartet, dass das Projekt P540 bis zur Klärung dieser Fragen nicht in das Bundesbedarfsplangesetz aufgenommen wird.

Die Diskussion über die Stromtrasse umfasst einen Verlauf durch das Heldburger Unterland im Kreis Hildburghausen zu einem künftigen Umspannwerk in Münnerstadt, Franken, das zur Stabilisierung der Stromversorgung in Bayern dienen soll. Die Bundesnetzagentur hat jedoch auf Anfrage klargestellt, dass es bisher keine verbindlichen Vorfestlegungen für den Trassenverlauf gibt und dass die Zuständigkeit noch geklärt werden muss.

Politische Dimensionen und regionale Bedenken

Die politische Dimension dieser Debatte ist nicht zu unterschätzen. Ramelow hat wiederholt betont, dass Thüringen bereits stark vom Netzausbau betroffen ist, insbesondere durch die unterirdischen Gleichstromtrassen Südlink und Südostlink, die ebenfalls nach Bayern führen. Er sieht die Notwendigkeit, dass Thüringen in die Planungsprozesse einbezogen wird und dass die Bundesnetzagentur nicht ohne Rücksprache mit der Landesregierung Trassenpläne veröffentlicht.

Die Kritik an der Bundesnetzagentur wird durch die Tatsache verstärkt, dass die Behörde in ihrem fortgeschriebenen Netzentwicklungsplan einen Verlaufsvorschlag für die Trasse veröffentlicht hat, der dem bereits von bayerischen Politikern geäußerten Vorschlag ähnelt. Ramelow befürchtet, dass hier bereits erste Entscheidungen getroffen werden, die den Weg für die Stromtrasse durch Thüringen ebnen könnten.

Der Aiwanger-Bogen und die bayerische Verantwortung

Der Streit um die Stromtrasse ist auch eng mit der Verantwortung Bayerns verbunden, das nach dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke nicht rechtzeitig auf eine stabile Stromversorgung vorbereitet war. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte in der Vergangenheit betont, dass eine neue Stromtrasse notwendig sei, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und dabei auf die Möglichkeit hingewiesen, die Trasse durch Thüringen zu führen. Ramelow sieht hierin eine Möglichkeit, dass Bayern die eigenen Versäumnisse auf Thüringen abwälzen möchte.

Die Diskussion um die Stromtrasse wirft auch Fragen des Denkmalschutzes auf, insbesondere hinsichtlich der Veste Heldburg. Ramelow hat klargemacht, dass er sich gegen die Trasse wehren will, und hat sogar Gespräche mit bayerischen Vertretern angeregt, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die Situation bleibt angespannt, und die Thüringer Landesregierung wird weiterhin auf Transparenz und Mitbestimmung in den Planungsprozessen bestehen.

Fazit

Die Intervention von Bodo Ramelow gegen die Stromtrasse durch Südthüringen ist ein weiteres Kapitel in der komplexen Debatte um den Netzausbau in Deutschland. Die Bedenken hinsichtlich der regionalen Auswirkungen, der Denkmalschutzfragen und der politischen Verantwortung sind zentral für die Diskussion. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesnetzagentur und die bayerische Landesregierung auf die Forderungen aus Thüringen reagieren werden und ob es zu einer Einigung kommen kann, die sowohl die Bedürfnisse der Stromversorgung als auch die Interessen der betroffenen Regionen berücksichtigt.

Quellen: dpa, MDR Thüringen, Zeit Online

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