September 17, 2024
Zukunft des Stahlsektors: Der Weg zur klimaneutralen Produktion in Bremen

Dekarbonisierung: Auf dem Weg zu grünem Stahl - Wandel auf der Bremer Hütte

Die Stahlindustrie in Deutschland steht vor einem grundlegenden Wandel, der nicht nur technologische Innovationen, sondern auch eine tiefgreifende Transformation der Arbeitsweise und der Beschäftigten mit sich bringt. Im Mittelpunkt dieser Veränderungen steht das Bremer Stahlwerk von ArcelorMittal, das sich auf den Weg zur Produktion von grünem Stahl begibt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil besuchte kürzlich das Werk, um sich über die anstehenden Veränderungen zu informieren und den Beschäftigten Mut zuzusprechen.

Heil betonte, dass die Umstellung auf klimaneutral produzierten Stahl nur in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden gelingen könne. „Wir reden nicht nur über technologischen Wandel, Investitionen, nicht nur über Wettbewerbsbedingungen, nicht irgendwas Technokratisches. Am Ende des Tages ist es so, dass Stahl von Menschen gemacht wird“, erklärte der Minister. Sein Ministerium plant, die Mitarbeitenden bei der Anpassung an die neuen Gegebenheiten zu unterstützen.

Umstellung der Stahlproduktion: Neue Prozesse und Technologien

In den Werken von ArcelorMittal in Bremen und im brandenburgischen Eisenhüttenstadt soll künftig grüner Stahl produziert werden. Dies erfordert die Stilllegung der Hochöfen und deren Ersatz durch Direktreduktions-Anlagen (DRI), die mit Wasserstoff betrieben werden. Zudem sollen elektrisch betriebene Schmelzöfen die herkömmlichen Stahlkonverter ablösen. Der Konzern plant, in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre mit der Herstellung von klimaneutralem Stahl zu beginnen.

Am Bremer Standort steht der größte Umbau seit der Gründung des Stahlwerks bevor. Das Unternehmen hat angekündigt, dass viele Produktionsprozesse sich verändern und das Werk an vielen Stellen digitaler werden soll. Gleichzeitig wird erwartet, dass in den kommenden Jahren viele erfahrene Fachkräfte altersbedingt ausscheiden. Um dem entgegenzuwirken, wird die Zahl der Auszubildenden verdoppelt und die Angestellten sollen weitergebildet werden.

Sorge der Beschäftigten: „Wie geht es weiter?“

Die bevorstehenden Veränderungen bringen Unsicherheiten mit sich. Mitarbeitende berichten von ihren Bedenken. Ein Schichtleiter am Hochofen äußerte: „Wir Älteren machen uns eigentlich keine Gedanken darüber. Ich denke, meine zehn Jahre kriege ich ja noch am Hochofen 'rum.“ Die jüngeren Mitarbeiter hingegen machen sich Sorgen über ihre berufliche Zukunft. Wenn ältere Kollegen in den Ruhestand gehen, könnte wertvolles Wissen verloren gehen. Zudem ändern sich die Aufgaben durch die Digitalisierung, was eine größere Verantwortung mit sich bringt. „Wir arbeiten mit Museumstechnik gefühlt von 1950 und mit dem Stand der Technik von heute. Da braucht man natürlich ein breites Portfolio an Fähigkeiten“, so ein Angestellter.

Bundesarbeitsminister verspricht Unterstützung

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zeigte Verständnis für die Sorgen der Beschäftigten. Er wuchs in der Nähe eines Stahlwerks auf und betonte, dass ihm die Stahlindustrie persönlich am Herzen liege. Sein Ministerium sei bereit, die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit zu unterstützen. Heil stellte klar, dass die Umstellung auf klimaneutral produzierten Stahl kein einfacher Prozess sei. „Wir wären ganz verflucht bescheuert, wenn wir uns abhängig machen von Stahl aus anderen Ländern und wenn wir diesen Wandel nicht schaffen“, sagte er. „Wir haben in Deutschland keine Zukunft ohne Stahl.“

Entscheidung des Unternehmens steht noch aus

Der Umbau der beiden Standorte wird voraussichtlich rund 2,5 Milliarden Euro kosten. Das Bundeswirtschaftsministerium und das Land Bremen fördern das Vorhaben mit annähernd 1,3 Milliarden Euro. Eine klare Zusage des Unternehmens steht jedoch noch aus. ArcelorMittal plant, im kommenden Jahr eine Entscheidung zu treffen. Derzeit arbeiten rund 40 Angestellte an einem Konzept, wie die Umstellung gelingen kann. Voraussetzung für die Umrüstung sind wettbewerbsfähige Strompreise und ausreichend Wasserstoff, was das Unternehmen immer wieder betont.

Der Bundesarbeitsminister räumte ein, dass der Staat ebenfalls seine Hausaufgaben machen müsse. „Wir müssen dafür sorgen, dass wir eine sichere, eine saubere, aber eben auch eine wettbewerbsfähige Energieversorgung haben“, sagte Heil. Erneuerbare Energien müssten gefördert, Stromnetze finanziert und der Wasserstoffausbau vorangetrieben werden.

Umbau des Stahlwerks entscheidend für Klimaneutralität

Aktuell ist das Stahlwerk für die Hälfte der CO₂-Emissionen im Land Bremen verantwortlich. Der Umbau der Hütte ist eines der größten Projekte Bremens auf dem Weg zur Klimaneutralität, die das Land bis 2038 erreichen möchte. ArcelorMittal ist ein bedeutender Stahlhersteller in Deutschland, und allein in Bremen sind rund 3500 Menschen für den Konzern tätig. Auch in der Region hängen viele Arbeitsplätze von der Stahlproduktion ab. Das Unternehmen produziert dort bis zu 3,7 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr. Weitere Standorte befinden sich in Eisenhüttenstadt, Hamburg und Duisburg.

Die Transformation der Stahlindustrie in Bremen ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und klimafreundlicheren Zukunft. Die Herausforderungen sind groß, doch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Politik und Beschäftigten könnte den Weg zu einem erfolgreichen Wandel ebnen.

Quellen: Zeit Online, MT.de, GN Online, Tageblatt.de.

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