19.10.2024
Baerbocks Besuch in Westafrika: Sicherheitslage im Fokus

Baerbock in Westafrika: Den Putschisten ganz nah

Die Außenministerin besucht Westafrika. Die Unruhe mit Blick auf die Lage im Sahel ist groß. Baerbock warnt davor, dass Russland und China „Wunden instrumentalisieren“.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock besucht Westafrika, um die Beziehungen zu Senegal und der Elfenbeinküste zu vertiefen. Dakar soll helfen, eine Brücke zu den Militärregierungen im Sahel zu bauen. Ganz uneigennützig ist das nicht.

Baerbock will die Zusammenarbeit mit Demokratien in Westafrika ausbauen, um ein Ausbreiten der Instabilität aus dem Sahel zu verhindern. „Die Sicherheit hier in der Region, die Zukunftschancen dieser Region, sind eng auch mit unserer eigenen Sicherheit und unserer eigenen Entwicklung verbunden“, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Besuch im Senegal. „Die Probleme und Herausforderungen der Region, Terror, Migration, organisierte Kriminalität, Armut betreffen uns unmittelbar auch in Europa.“

„Wenn in Westafrika noch mehr Länder in die Instabilität kippen, hat das nicht nur dramatische Konsequenzen für die Menschen vor Ort, sondern auch direkte Auswirkungen für unsere Sicherheit in Europa“, warnte Baerbock. Als Zeitbomben gelten die brutalen Konflikte zwischen Islamisten und Militär in Mali, Burkina Faso und Niger. Dort sind mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht – etwa vier von fünf bislang in ihren Heimatländern. Die Terroristen bedrohen zunehmend aber auch die bislang stabilen Küstenstaaten.

Baerbock: Im Sahel nicht einfach so weitermachen wie bisher

Man mache sich keine Illusionen über den instabilen Zustand im Sahel, sagte die Bundesaußenministerin nach einem Gespräch mit ihrer senegalesischen Kollegen Yacine Fall. Die Putschisten in Mali, Niger und Burkina Faso hätten ihre Länder wirtschaftlich, politisch und auch in den Beziehungen zu Deutschland zurückgeworfen. „Wir können nicht einfach weitermachen, als ob nichts geschehen wäre“, betonte Baerbock.

Zugleich sei aber auch klar, dass der Sahel in mittelbaren Nachbarschaft Deutschlands und Europas liege. „Deshalb brechen wir nicht alle Zelte ab, sondern handeln pragmatisch innerhalb der verbliebenen Spielräume“, sagte die Bundesaußenministerin und fügte hinzu: „Bei all den Krisen, die uns derzeit im Atem halten, wissen wir, dass Europas Chancen und Herausforderungen untrennbar mit denen Afrikas verflochten sind.“

Nach Militärputschen droht Region die Spaltung

Mit dem Senegal und der Elfenbeinküste besucht Baerbock zwei der wichtigsten europäischen Partner in Westafrika zu einem Zeitpunkt, in dem die Region sich zu spalten droht. Die Binnenstaaten der Sahelzone, Mali, Burkina Faso und Niger, wenden sich nach Militärputschen von Europa ab und Russland zu. Die Küstenstaaten sind dagegen weiter an einer Zusammenarbeit interessiert.

Zeitgleich zu Baerbocks Besuch organisiert Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in Berlin ein Treffen der sogenannten Sahel-Allianz, einem Geberverband, der die Staaten in der Region unterstützen soll. Deutschland, das aktuell den Vorsitz innehat, ist viertgrößter Geldgeber hinter der Weltbank, Frankreich und der EU.

Demokratien sollen stärker zusammenarbeiten

Am Nachmittag traf Baerbock den neu gewählten Präsidenten Bassirou Diomaye Faye, der als Schlüsselfigur für Stabilisierungsversuche in der Region gilt. Der Senegal mit rund 18 Millionen Einwohnern ist eine der stabilsten Demokratien Afrikas. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 noch nie einen gewaltsamen Konflikt erlebt.

„Die Senegalesen und Senegalesen haben es für alle sichtbar geschafft, einen politischen Wandel innerhalb des demokratischen Systems einzuleiten“, sagte Baerbock. „Überall dort, wo wir als Demokratien, wo wir als Europa nicht investieren, investieren andere, die dann Abhängigkeiten schaffen, die im Zweifel gegen uns und auch unser Sicherheitsinteresse eingesetzt werden.“ Es sei kein Zufall, dass insbesondere China und Russland in der Region aktiv seien.

Baerbock warnt vor den Folgen der Instabilität in Westafrika für Europa

Die Außenministerin warnte vor den Folgen der Instabilität in Westafrika für Europa. Wenn die Region weiterhin instabil bleibe, könne dies auch Auswirkungen auf die europäische Sicherheit haben. Baerbock appellierte an die Staaten in der Region, stärker zusammenzuarbeiten, um die Instabilität zu bekämpfen.

In der Elfenbeinküste gibt es eine Internationale Akademie zur Bekämpfung des Terrorismus. Die deutsche Außenministerin hat sie am Dienstag besucht. Es ist ein Leuchtturmprojekt, das seit seiner Eröffnung 2021 in Jacqueville nahe dem Wirtschaftszentrum Abidjan entstanden ist. Soldaten werden hier ausgebildet, um für Sicherheit sorgen zu können. Entstanden ist die Akademie auch mit Hilfe aus dem Westen, vor allem von Frankreich, und ein wenig auch aus Deutschland.

Baerbock setzt ihren Westafrika-Besuch vor dem Hintergrund der Krisen in der Sahel-Region an diesem Dienstag in der Elfenbeinküste fort. In Abidjan, dem Regierungssitz der Elfenbeinküste, sind Beratungen mit Präsident Alassane Ouattara sowie Außenminister Léon Kacou Adom geplant.

Baerbock bei Ausbildung im Anti-Terror-Kampf

Die Außenministerin will sich in einer Internationalen Akademie zur Terrorismusbekämpfung etwa 35 Kilometer außerhalb von Abidjan über die Ausbildung von Militärs und Sicherheitskräften informieren lassen. Dort soll ihr unter anderem die simulierte Befreiung eines Dorfes im Sahel von Terroristen vorgeführt werden.

Deutschland ist mit einem Beitrag in Höhe von 2,5 Millionen Euro an der Finanzierung der Infrastruktur der Einrichtung beteiligt und hat etwa das Geld für einen Schiffsanleger beigesteuert. In der Akademie werden Fachkräfte aus dem Zivil-, Polizei- und Militärbereich schwerpunktmäßig in Antiterrortaktik und Geiselbefreiung geschult. Auch die deutsche Spezialeinheit GSG9 der Bundespolizei trainiert dort regelmäßig.

Sorge vor Übergreifen islamistischen Terrors steigt

Die am Golf von Guinea gelegene Elfenbeinküste ist mit rund 30 Millionen Einwohnern das wirtschaftliche Schwergewicht des französischsprachigen Westafrikas, vor allem als weltgrößter Kakao-Produzent. Das Land wird wie seine Nachbarn Ghana, Benin und Togo vom Überschwappen islamistischen Terrorismus aus Mali und Burkina Faso bedroht, wo sich die Terrorgruppen besonders in den Grenzgebieten ausbreiten.

Während Frankreich seine Truppenzahl in dem Land wie auf anderen Basen der Region verkleinern will, stärken die USA dort ihre militärische Präsenz, um den Schutz der Küstenstaaten zu unterstützen. Nach dem Abzug aus dem Niger ist Medienberichten zufolge auch eine neue US-Basis in der Elfenbeinküste im Gespräch.

Politische Brüche in der Region

Baerbock besucht mit der Elfenbeinküste einen der wichtigsten Partner und die größte Demokratie im französischsprachigen Westafrika. Das dürfte ein Zeichen auch an die Putschisten-Regierungen in Mali, Burkina Faso und dem Niger sein.

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