Windenergie und deutsche Industrie: Ein komplexes Zusammenspiel
Die deutsche Industrie steht vor der Herausforderung, ihren Energiebedarf verstärkt aus erneuerbaren Quellen zu decken. Gleichzeitig stellen die Fluktuationen der Wind- und Solarenergie eine Belastung für das Stromnetz dar und können zu Preisschwankungen führen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtete am 20.12.2024 über die Problematik der aktuellen Fördermechanismen für energieintensive Unternehmen.
Im Zentrum der Kritik steht das sogenannte Bandlastprivileg, das Unternehmen mit konstant hohem Stromverbrauch Preisnachlässe auf die Netzentgelte gewährt. Wie die F.A.Z. berichtet, profitieren etwa 400 Betriebe, die ungefähr die Hälfte des deutschen Industriestrombedarfs abdecken, von dieser Regelung. Dieses Privileg stammt noch aus Zeiten, in denen die Stromerzeugung hauptsächlich durch Kernkraft- und Kohlekraftwerke erfolgte und ein gleichmäßiger Strombezug die Systemkosten minimierte.
Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien hat sich diese Situation grundlegend gewandelt. Experten plädieren für eine stärkere Anpassung des Stromverbrauchs an die volatile Erzeugung. Der Energieökonom Lion Hirth bezeichnet die aktuelle Regelung in der F.A.Z. als „absurd“. Eine Reduzierung der Produktion in Zeiten geringer Wind- und Solarstromerzeugung würde zwar die Preisspitzen abmildern, den Unternehmen aber gleichzeitig die Vergünstigungen entziehen.
Die Denkfabriken Agora Industrie und Agora Energiewende schlagen laut F.A.Z. eine Reform vor: Das Bandlastprivileg soll abgeschafft und durch ein flexibleres System ersetzt werden. Netzbetreiber sollen Zeitfenster mit hoher und niedriger Netzauslastung definieren. Unternehmen, die ihren Verbrauch in Hochlastzeiten reduzieren, sollen Rabatte erhalten. Dieser Mechanismus soll Anreize für einen flexibleren Stromverbrauch schaffen und die Netzauslastung optimieren.
Die Umsetzung solcher Flexibilisierungsmaßnahmen gestaltet sich jedoch schwierig. Viele Unternehmen sind laut Hirth (F.A.Z.) auf eine kontinuierliche Stromversorgung angewiesen und können ihren Verbrauch nur begrenzt verschieben. Trotzdem existieren Potenziale für eine flexiblere Stromnutzung in der Industrie. Das Gutachten der Agora-Denkfabriken beziffert das deutschlandweite Potenzial für Lastverschiebungen auf etwa neun Gigawatt, was ungefähr einem Fünftel der durchschnittlichen Stromlast entspricht.
Die politische Debatte über die Reform des Bandlastprivilegs ist in vollem Gange. Während die Union laut F.A.Z. eine zusätzliche Belastung von Großverbrauchern ablehnt, setzt sich die FDP für dynamische Netzentgelte ein, die Netzengpässe im Preis widerspiegeln. Grüne und SPD befürworten eine allgemeine Senkung der Netzentgelte.
Die deutsche Windbranche ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und trägt wesentlich zur Energiewende bei (windbranche.de). Der Ausbau der Windenergie an Land und auf See schafft Arbeitsplätze und stärkt die regionale Wirtschaft. Die Offshore-Wind-Industrie-Allianz (OWIA) vertritt die Interessen der Branche und fördert den Ausbau der Offshore-Windenergie (de.wikipedia.org/wiki/Offshore-Wind-Industrie-Allianz). Der Bundesverband WindEnergie (BWE) veröffentlicht regelmäßig Daten und Fakten zur Windenergie in Deutschland (wind-energie.de/themen/zahlen-und-fakten/deutschland/). Im Jahr 2023 wurden 745 neue Onshore-Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 3.567 MW installiert (wind-energie.de/themen/zahlen-und-fakten/deutschland/).
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.): https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/stromverbrauch-der-industrie-wind-aus-strom-aus-110185406.html (20.12.2024)
- windbranche.de: https://www.windbranche.de/wirtschaft
- Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Offshore-Wind-Industrie-Allianz
- Bundesverband WindEnergie (BWE): https://www.wind-energie.de/themen/zahlen-und-fakten/deutschland/
- wind-energie.de: https://www.wind-energie.de/service/shop/artikel-detail/windindustrie-in-deutschland-2024/