26.11.2024
Castle Freeman zum Siebzigsten: Chronist des ländlichen Amerika

Meister des Ungesagten: Schriftsteller Castle Freeman wird 70

Castle Freeman, der Chronist des ländlichen Neuenglands, feiert seinen 70. Geburtstag. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 26.11.2024 berichtete, bleibt der in Texas geborene Autor, der seit 1974 in Vermont lebt, ein Außenseiter im amerikanischen Literaturbetrieb. Fernab der literarischen Zentren Brooklyns oder Kaliforniens findet er seine Inspiration in den kleinen Städten und Dörfern Vermonts, einer Region, die er nicht romantisiert, sondern in ihrer ganzen Agonie und Trostlosigkeit darstellt. Freeman zeichnet in seinen Romanen ein Bild des ländlichen Amerikas, das von wirtschaftlichem Niedergang, wachsender Ungleichheit und einer tiefen Entfremdung geprägt ist. Die Globalisierung hat ihre Spuren hinterlassen, Geschäfte und Fabriken stehen leer, und zwischen den Sommerhäusern wohlhabender Städter und den von Sozialhilfe lebenden Einheimischen klafft eine tiefe Kluft. "Wie nebenbei erzählt er auch vom Niedergang Amerikas", so Rainer Schaper über Freemans Roman "Männer mit Erfahrung" (Originaltitel: "Go With Me"). Dieses Buch, das 2016 mit Anthony Hopkins verfilmt wurde, erzählt die Geschichte einer jungen Frau, eines alten Mannes und eines etwas einfältigen Riesen, die sich gegen den lokalen Schurken zur Wehr setzen. Die FAZ beschreibt die Geschichte als "Hillbilly-Version einer griechischen Tragödie", in der ein Chor alter Männer, die "Woodchucks", das Geschehen kommentiert und so den Niedergang der amerikanischen Provinz verdeutlicht. Freemans Prosa ist knapp und präzise. Dialoge sind oft fragmentarisch, Figuren reden aneinander vorbei oder antworten mit Gegenfragen. Es gibt kaum Beschreibungen, kein Wort ist zu viel. Diese Lakonie, die an Filme wie "Fargo" oder "Twin Peaks" erinnert, vermittelt eine Atmosphäre der Trostlosigkeit und des Verfalls. Die Übersetzung seiner Werke ins Deutsche, so die FAZ, gelingt Dirk van Gunsteren, der für Freemans lakonischen Stil eine passende deutsche Entsprechung gefunden hat. Auch in "Auf die sanfte Tour" (Originaltitel: "All That I Have") begegnet der Leser Sheriff Lucian Wing, einem Protagonisten, der die Probleme auf seine eigene, unkonventionelle Art löst, indem er möglichst wenig eingreift. "Manchmal muss man den Dingen Gelegenheit geben, sich zu entwickeln", so Wings Philosophie. Wie in vielen seiner Romane treibt Freeman auch hier die Handlung durch Nicht-Dialoge voran, und die Lakonie seines Stils verleiht der Geschichte einen besonderen Reiz. Laut Hans Jörg Wangner erweist sich Freeman in diesem Roman erneut als "Meister des lakonischen Witzes". Castle Freeman, der neben seinen Romanen auch Kurzgeschichten, Essays und Sachtexte verfasst, hat sich mit seinen Werken als Chronist des ländlichen Amerikas etabliert. Seine Geschichten erzählen von einer Welt, die oft übersehen wird, und bieten einen eindringlichen Blick auf die Schattenseiten des amerikanischen Traums. Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Der Schriftsteller Castle Freeman aus Vermont wird 70" (26.11.2024) - Wikipedia: "Castle Freeman" - buchblogger24.de: "Ein Mann mit vielen Talenten - Castle Freeman" - Hanser Literaturverlage: Castle Freeman - Springer Link: "Amerikanische Literatur" - Papierstau Podcast: "#312: Booker Prize 2024"
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