10.11.2024
Dating Apps im Kreuzfeuer Die Sehnsucht nach echten Begegnungen

Kein Chatten erlaubt: Das Dating aus dem Digitalen holen

Die digitale Welt hat die Partnersuche revolutioniert. Apps wie Tinder, Bumble oder Lovoo prägen das moderne Dating. Doch neben den bekannten Vorteilen der schnellen und einfachen Kontaktaufnahme, wächst auch die Kritik an der Oberflächlichkeit und dem oft fehlenden Schritt ins reale Leben. Immer häufiger führt das digitale Kennenlernen zu endlosen Chatverläufen ohne tatsächliches Treffen. Ein Phänomen, das als "Ghosting" bekannt ist und für Frustration sorgt. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, gibt es neue Ansätze, die das Dating wieder aus dem Digitalen zurück in die analoge Welt holen wollen.

Ein Beispiel dafür ist die Dating-App "Breeze", die 2020 von Studenten der Technischen Universität Delft gegründet wurde. Das Konzept von Breeze unterscheidet sich grundlegend von den gängigen Dating-Apps: Chatten ist hier nicht möglich. Stattdessen liegt der Fokus auf dem direkten Treffen. Finden zwei Nutzer zueinander, vereinbart die App automatisch ein Treffen in einer Bar oder einem Restaurant. Die Nutzer können den vorgeschlagenen Ort bestätigen und erhalten für eine Gebühr von neun Euro das erste Getränk gratis, wie die FAZ berichtet.

Der Verzicht auf die Chatfunktion soll die Nutzer dazu motivieren, sich tatsächlich zu treffen und die oft mühsamen und oberflächlichen Online-Konversationen zu überspringen. "Die wirkliche Verbindung entsteht Face-to-Face, nicht durch Chats", so Marco van der Woude, einer der Gründer von Breeze, gegenüber der FAZ. Das Konzept scheint aufzugehen: Breeze verzeichnet bereits über 240.000 organisierte Dates und expandiert stetig in neue Städte.

Doch nicht nur neue Apps versuchen, dem Trend zum digitalen Dating entgegenzuwirken. Auch die Kritik an bestehenden Plattformen wird lauter. Wie die Watchlist Internet berichtet, nutzen viele Dating-Portale Fake-Profile, um die Nutzer bei der Stange zu halten und zum Kauf von "Coins" für die Kommunikation zu bewegen. Hinter diesen Profilen stecken oft unterbezahlte Chat-Moderator:innen, die vorgegebene Rollen spielen und die Illusion einer echten Person erzeugen. Diese Praxis ist nicht nur irreführend, sondern kann auch emotional belastend für die Nutzer sein, die oft hohe Summen investieren, ohne jemals ein reales Treffen zu erleben.

Die taz berichtet in einem Artikel über die Erfahrungen von Betroffenen, die auf solchen Plattformen hohe Geldbeträge verloren haben und emotional getäuscht wurden. Die Chat-Moderator:innen selbst empfinden die Arbeit oft als belastend und moralisch fragwürdig. Sie berichten von sexistischen Inhalten und der Angst, dass die verwendeten Bilder realer Personen missbraucht werden könnten.

Auch die Kolumnistin Julia Kloiber im t3n Magazin kritisiert die Entwicklungen im Online-Dating. Sie bemängelt die zunehmende Kommerzialisierung und den Fokus auf Konsum. Die Nutzerdaten werden oft weiterverkauft und die Algorithmen manipulieren die Gefühle der Nutzer, um sie zu In-App-Käufen zu verleiten. Kloiber beobachtet einen Trend zurück zum Offline-Dating, insbesondere bei der Generation Z, die die Kontrolle über ihre Daten und Gefühle zurückgewinnen möchte.

Die Diskussion um die Zukunft des Datings ist in vollem Gange. Während die einen die Vorteile der digitalen Möglichkeiten schätzen, wünschen sich andere mehr Authentizität und echte Begegnungen. Die steigende Popularität von Apps wie Breeze und die zunehmende Kritik an den Praktiken etablierter Plattformen zeigen, dass der Wunsch nach einem Dating-Erlebnis jenseits des Digitalen immer größer wird.

Die Problematik des Online-Datings wird auch auf der Plattform gutefrage.net diskutiert. Nutzer:innen berichten von ihren Erfahrungen mit Fake-Profilen, Ghosting und der Schwierigkeit, trotz zahlreicher Matches ein reales Date zu bekommen. Auch die Abschaffung von Speed-Dating-Funktionen in einigen Apps wird bedauert.

Die Verbraucherzentrale warnt vor Liebesbetrug (Love Scamming) im Internet. Betrüger:innen nutzen Fake-Profile, um ihren Opfern Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie gaukeln Liebesgefühle vor und erfinden Notlagen, um finanzielle Unterstützung zu erbitten. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps, wie man Liebesbetrug erkennen und sich davor schützen kann.

Auch das Urteil des Landgerichts Flensburg (Az.: 8 O 29/22), über das teltarif.de berichtet, stärkt die Rechte der Verbraucher:innen. Eine Klausel in den AGB einer Dating-Plattform, die den Einsatz von Fake-Profilen erlaubt, wurde für unwirksam erklärt. Das Gericht argumentierte, dass der Vertragszweck, echte Menschen kennenzulernen, durch den Einsatz von Fake-Profilen unterlaufen wird.

Die Seite handysektor.de gibt Tipps für Jugendliche, die sich online verlieben und ein Treffen planen. Dabei wird betont, wie wichtig es ist, sich vor dem ersten Treffen im realen Leben von der Echtheit des Online-Schwarms zu überzeugen, sich an einem öffentlichen Ort zu treffen und einer Vertrauensperson von dem Treffen zu erzählen.

Internetmatters.org weist auf die Risiken von Online-Dating für Teenager hin, darunter Kontakt mit Online-Groomern, Sexting, Online-Belästigung, Datenschutzbedenken, die Suche nach Bestätigung von anderen und begrenzte soziale Interaktion. Die Website bietet Ressourcen und Ratschläge für Eltern und Erziehungsberechtigte, um Jugendliche bei der sicheren Navigation in der Online-Dating-Welt zu unterstützen.

Quellen:

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