Einem Bericht der Zeit vom 4. Dezember 2024 zufolge schwindet das Vertrauen der niedersächsischen Bevölkerung in die Politik zunehmend. Der Niedersächsische Demokratie-Monitor (NDM) des Instituts für Demokratieforschung an der Universität Göttingen belegt einen erheblichen Rückgang des Vertrauens in politische Institutionen und Akteure. Institutsdirektor Simon Franzmann charakterisiert die Stimmung im Bundesland als "loyal zum Staat, aber mit wachsender Unzufriedenheit".
Im Rahmen der Studie wurden 1.000 Niedersachsen ab 16 Jahren befragt. Die größten Sorgen der Befragten drehen sich um Migration, Klimakrise und steigende Energiekosten. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Teilnehmer glaubt, dass die Politik diese Probleme ignoriert. Im Vergleich zu 2021 (37 Prozent) ist dieser Wert deutlich angestiegen.
Besonders stark getroffen hat der Vertrauensverlust die Politikerinnen und Politiker. Wie die Zeit berichtet, sank das Vertrauen von 60 Prozent im Jahr 2021 auf nur noch 12 Prozent. Auch die öffentlich-rechtlichen Medien und der Verfassungsschutz müssen Vertrauensverluste hinnehmen (von 69 auf 40 Prozent bzw. von 76 auf 50 Prozent).
Im Gegensatz zur Bundesregierung erfreut sich die Landesregierung unter Ministerpräsident Stephan Weil deutlich größerer Zustimmung. Lediglich 18 Prozent sind mit der Politik der Bundesregierung zufrieden, während die Zufriedenheit mit der Landesregierung bei 45 Prozent liegt. Die Kommunalpolitik schneidet mit 51 Prozent Zustimmung sogar noch besser ab.
Der NDM zeichnet folgendes Bild der Parteienlandschaft in Niedersachsen: CDU und SPD erzielen positive Werte auf der Sympathieskala (0,64 bzw. 0,51). Grüne und FDP landen im negativen Bereich (-0,32 bzw. -0,6). Linke und AfD schneiden mit -1,66 bzw. -3,32 am schlechtesten ab.
Ein positiver Aspekt der Studie ist die Ablehnung von Remigration. Drei Viertel der Befragten lehnen es ab, Ausländer bei Arbeitsplatzknappheit in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken. Studienleiter Philipp Harfst betont, dass "Remigration in Niedersachsen kein Thema" sei. Gleichzeitig stimmen jedoch 20 bis 30 Prozent der Befragten rassistischen Aussagen zu. So empfinden 28 Prozent Deutschland als "gefährlich überfremdet" und 25 Prozent fühlen sich "durch die vielen Muslime manchmal wie ein Fremder im eigenen Land".
Trotz dieser beunruhigenden Entwicklungen liegt der Anteil der Menschen mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild in Niedersachsen mit 1,5 Prozent unter dem westdeutschen Durchschnitt von 4,5 Prozent.
Auch andere Studien und Berichte bestätigen den Trend des schwindenden Vertrauens in die Demokratie und die politischen Institutionen. Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete am 21. Oktober 2024 über eine LKA-Studie, die ebenfalls die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Demokratie und den Parteien aufzeigt. Ein Großteil der Befragten kritisierte die andauernde Problemdiskussion und bezweifelte die Handlungsfähigkeit der Parteien.
Die Bertelsmann Stiftung veröffentlichte im Februar 2024 Studienergebnisse, die einen Rückgang des Vertrauens in politische Institutionen und einen schwächeren gesellschaftlichen Zusammenhalt feststellten. Besonders ausgeprägt seien die Vertrauensverluste in den traditionellen Industriestandorten und im prekären Milieu. Als problematisch wurde die Asylpolitik der Bundesregierung identifiziert, die von einem Großteil der Bevölkerung nicht akzeptiert werde.
Der Demokratie-Monitor 2021, ebenfalls vom Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen, untersuchte die politischen Einstellungen in Niedersachsen während der Corona-Pandemie und zeigte bereits damals eine Abnahme des Vertrauens in die Demokratie. Die FoDEx (Forschungs- und Dokumentationsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extremismen in Niedersachsen) hat in mehreren Studien die Entwicklung der politischen Kultur in Niedersachsen untersucht und ähnliche Tendenzen beobachtet.
Quellen: