September 19, 2024
Denkmalschutz im Fokus: Streit um die Hofsynagoge in Detmold

Mündliche Verhandlung: Denkmalklage um die Hofsynagoge Detmold

Am 19. September 2024 fand am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster eine mündliche Verhandlung statt, die sich mit einem langanhaltenden Streit um ein historisches Gebäude in der Altstadt von Detmold beschäftigte. Der zentrale Punkt der Verhandlung war die Frage, ob das betreffende Gebäude als schützenswertes Baudenkmal eingestuft werden kann oder ob es eher als Ruine zu betrachten ist. Der aktuelle Eigentümer, der Anwalt Hendrik Schnelle, plant den Abriss des Gebäudes, um an dieser Stelle Parkplätze für seine Anwaltskanzlei zu schaffen.

Das Gebäude steht seit 1988 in der Denkmalliste der Stadt Detmold und ist in Privatbesitz. Ursprünglich wurde es als Gartenhaus geführt, jedoch gibt es Hinweise, die auf eine bedeutendere historische Nutzung hinweisen.

Historische Bedeutung des Gebäudes

Die Diskussion über die historische Bedeutung des Gebäudes wurde durch eine baugeschichtliche Untersuchung angestoßen, die 2010 durchgeführt wurde, als die Mutter des Klägers den Abriss des Hauses beantragen wollte. Diese Untersuchung ergab, dass das Gebäude möglicherweise bereits im Jahr 1633 von jüdischen Gemeinden in Detmold als Bethaus errichtet wurde. Diese Information steht im Widerspruch zu den Aussagen des heutigen Eigentümers, der diese Behauptung auf seiner Internetseite öffentlich bestreitet.

Die Denkmalschützer sind überzeugt, dass das Gebäude als sogenannte Hofsynagoge in einem Hinterhof errichtet wurde. Hofsynagogen waren oft versteckte Orte des jüdischen Gottesdienstes, da jüdischen Gemeinden lange Zeit der Bau von sichtbaren Synagogen untersagt war. Diese Gebäude sind daher von großer kultureller und historischer Bedeutung, da sie die Bedingungen widerspiegeln, unter denen jüdische Gemeinden in Westfalen bis ins späte 18. Jahrhundert ihre Gottesdienste abhalten mussten.

Rechtliche Auseinandersetzungen

Die rechtlichen Auseinandersetzungen um das Gebäude sind nicht neu. In der Vorinstanz hatte das Verwaltungsgericht Minden eine Klage von Hendrik Schnelle gegen einen abgelehnten Antrag auf Abriss abgewiesen. Diese Entscheidung stützte sich auf die Tatsache, dass das Gebäude in der Denkmalliste verzeichnet ist und somit unter den Schutz des Denkmalschutzgesetzes fällt.

Der Eigentümer argumentiert, dass die Erhaltung des Denkmals für ihn wirtschaftlich unzumutbar sei. Er hat einen Verkauf des Gebäudes abgelehnt, da es sich um alten Familienbesitz handelt. Dies hat zu einem breiten Widerstand in der Detmolder Stadtgesellschaft geführt, wo sich ein Bündnis aus Bürgern, Gruppen und Institutionen für den Erhalt des Gebäudes einsetzt.

Öffentliche Reaktionen

Die Pläne von Hendrik Schnelle, das Gebäude abzureißen, haben in der Detmolder Bevölkerung Empörung ausgelöst. Viele Bürger und Bürgerinnen sowie lokale Gruppen setzen sich aktiv für den Erhalt der Hofsynagoge ein. Die SPD im NRW-Landtag stellte bereits im Sommer 2022 eine Anfrage an die Landesregierung, wie der Abriss eines der ältesten Synagogen Norddeutschlands verhindert werden kann.

Die Diskussion über den Denkmalschutz und die historische Bedeutung des Gebäudes hat auch über die Stadtgrenzen von Detmold hinaus Aufmerksamkeit erregt. Experten und Historiker betonen die Wichtigkeit solcher historischen Stätten für das kulturelle Erbe und die Identität der Region.

Ausblick auf die Entscheidung des OVG

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wird mit Spannung erwartet, da sie nicht nur Auswirkungen auf das Schicksal des Gebäudes, sondern auch auf zukünftige Fälle von Denkmalschutz und den Umgang mit historischen Stätten in Nordrhein-Westfalen haben könnte. Das Gericht wird in den kommenden Wochen seine Entscheidung bekannt geben, die für die Beteiligten von großer Bedeutung sein wird.

Die Verhandlung verdeutlicht die Herausforderungen, die mit dem Erhalt von historischen Gebäuden verbunden sind, insbesondere wenn wirtschaftliche Interessen auf kulturelle und historische Werte treffen. Die Diskussion um die Hofsynagoge in Detmold könnte als Beispiel für ähnliche Konflikte in anderen Städten dienen, in denen der Denkmalschutz auf dem Prüfstand steht.

Die Hofsynagoge Detmold bleibt somit ein zentrales Thema in der aktuellen Debatte über Denkmalschutz und kulturelles Erbe in Nordrhein-Westfalen.

Quellen: dpa, Zeit Online, Westfalen-Blatt

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