Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass Deutschland nicht verpflichtet ist, die gemeinschaftliche Adoption eines Kindes durch ein lesbisches Paar zu ermöglichen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, geht es um einen Fall, in dem eine Frau das leibliche Kind ihrer Partnerin adoptieren wollte. Das deutsche Recht erlaubt die Stiefkindadoption durch den Partner oder die Partnerin in einer gleichgeschlechtlichen Ehe, jedoch nicht die gemeinschaftliche Adoption durch beide Partnerinnen, wenn keine von ihnen die leibliche Mutter ist.
Die Klägerinnen argumentierten vor dem EGMR, dass die deutsche Regelung eine Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung darstelle und gegen Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Artikel 8 verstoße. Artikel 8 garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, während Artikel 14 Diskriminierung verbietet.
Der EGMR folgte dieser Argumentation jedoch nicht. In seiner Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Konvention einen gewissen Spielraum in der Gestaltung ihres Adoptionsrechts haben. Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen, sei eine sensible gesellschaftliche Frage, bei der die Staaten unterschiedliche Ansätze verfolgen könnten. Der EGMR betonte, dass es keine einheitliche europäische Regelung zur Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare gibt und dass die Situation in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedlich ist.
Die Entscheidung des EGMR bedeutet nicht, dass Deutschland die gemeinschaftliche Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare niemals zulassen darf. Sie bedeutet lediglich, dass Deutschland im aktuellen rechtlichen Rahmen nicht dazu verpflichtet ist. Die FAZ berichtet weiter, dass das Gericht die deutsche Regelung als mit der Konvention vereinbar angesehen hat, da sie ein legitimes Ziel verfolge, nämlich den Schutz des Kindeswohls. Der EGMR betonte jedoch auch die Bedeutung der ständigen Weiterentwicklung des Rechts im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen.
Die Klägerinnen hatten das Kind 2005 durch künstliche Befruchtung bekommen. Die leibliche Mutter hatte das Kind alleine aufgezogen, bis die Partnerin 2009 eine Stiefkindadoption durchführte. Die gemeinschaftliche Adoption wurde jedoch von deutschen Gerichten abgelehnt, was die Klägerinnen zum EGMR führte.
Die Entscheidung des EGMR hat in Deutschland unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während Verbände für die Rechte von LGBTQ+-Familien die Entscheidung bedauern, sehen andere darin eine Bestätigung der bestehenden Rechtslage. Die Debatte um die gemeinschaftliche Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare wird in Deutschland weitergeführt.
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