Der Erinnerungsort Topf & Söhne in Erfurt verzeichnet 2024 einen Besucherrekord. Bis Ende November besuchten bereits 15.000 Menschen die Gedenkstätte, wie Leiterin Annegret Schüle der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte. "Diese Zahl übertrifft bereits jetzt alle jährlichen Besucherzahlen seit der Eröffnung", so Schüle (ZEIT ONLINE, 29.11.2024). Aufgrund der bereits vorliegenden Gruppenanmeldungen erwartet der Erinnerungsort für das Gesamtjahr etwa 16.500 Besucher.
Der 2011 eröffnete Erinnerungsort dokumentiert die Geschichte des Erfurter Unternehmens J. A. Topf & Söhne. Während des Nationalsozialismus produzierte die Firma unter anderem Krematorien und Belüftungssysteme für das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Ingenieure von Topf & Söhne konstruierten die Verbrennungsöfen und die Lüftungstechnik für die Gaskammern, die für den Völkermord an den europäischen Juden und Sinti und Roma verwendet wurden, wie die Borkener Zeitung berichtet. Im Jahr 2023 besuchten rund 14.300 Menschen die Gedenkstätte.
Neben der Dauerausstellung, die die Geschichte des Unternehmens und seine Beteiligung am Holocaust beleuchtet, trugen laut dpa auch zwei Sonderausstellungen zum Besucherzuwachs bei. Diese thematisierten die nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen an Menschen mit Behinderungen und Krankheiten sowie die Geschichte einer jüdischen Schülerin. Darüber hinaus verzeichnet der Erinnerungsort eine deutlich gestiegene Nachfrage von Schulen.
Annegret Schüle sieht in den gestiegenen Besucherzahlen auch eine Reaktion auf die zunehmende gesellschaftliche Bedeutung der Angebote des Erinnerungsortes und den Rechtsruck in der Gesellschaft. Der Erinnerungsort biete Menschen, die sich um die Demokratie sorgen und gegen Rechtsextremismus engagieren möchten, Orientierung und Unterstützung, so Schüle gegenüber dpa. Wie die Website des Erinnerungsortes hervorhebt, wird dort nicht nur die Mittäterschaft „ganz normaler Menschen“ thematisiert, sondern auch die Verantwortung jedes Einzelnen im Kampf gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit.
In der Bildungsarbeit mit Schulklassen beobachtet Schüle laut dpa sowohl ein großes Interesse an gesellschaftlichen und politischen Themen als auch Desinteresse, hinter dem sich manchmal Abwehr, Ablehnung und Sympathien für den Nationalsozialismus verbergen. Die Arbeit des Erinnerungsortes ermögliche es, solche Einstellungen zu hinterfragen.
Für das kommende Jahr plant der Erinnerungsort, sich verstärkt mit den sogenannten Baseballschläger-Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung auseinanderzusetzen. Dieser Begriff steht für die massive rechtsextreme Gewalt dieser Zeit, die sich in teils tödlichen Angriffen auf Ausländer und Andersdenkende äußerte, bei denen oft Baseballschläger als Waffen benutzt wurden.
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