Das Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) für Neurowissenschaften in Frankfurt sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Neben der bereits länger währenden Kritik an Tierversuchen steht das Institut nun auch wegen Mobbing- und Machtmissbrauchsvorwürfen in der Kritik.
Die „Bild“-Zeitung berichtete, dass sich zahlreiche Nachwuchsforscher über ein „furchtbares Umfeld“ beschwert hätten. In einem Brandbrief an den Stiftungsrat, der von fast der Hälfte aller Mitarbeiter unterzeichnet worden sein soll, heißt es: „Unser Arbeitsplatz am ESI ist stark von Sexismus und Mobbing geprägt.“ Die Zustände dürften nicht länger ignoriert oder verharmlost werden.
Bereits im Sommer geriet das Institut in die Kritik, als Tierschutzorganisationen wie PETA dem ESI Tierquälerei vorwarfen und zu Protesten aufriefen. Der Verein SOKO Tierschutz reichte sogar Strafanzeige ein. Das ESI wies die Vorwürfe zurück und beteuerte, dass die Tierversuche an Affen und Ratten schmerzfrei seien.
Das Institut betont die Wichtigkeit der Forschung an lebenden Tieren für die Grundlagenforschung. Auf seiner Webseite heißt es: „Am ESI untersuchen wir höhere kognitive Funktionen gesunder menschlicher Probanden anhand von nicht-invasiven Methoden wie Magnetoenzephalography (MEG) oder funktioneller Kernspintomographie (fMRT). Allerdings fehlt diesen Methoden die räumliche und zeitliche Auflösung, um zu erkennen, welche neuronalen Interaktionen dabei auf der Ebene einzelner Zellen ablaufen. Für solche Untersuchungen sind Tierversuche unumgänglich.“
Die Tierschutzorganisation Ärzte gegen Tierversuche kritisiert die Haltung des Instituts. Auf ihrer Webseite heißt es: „Von einem Whistleblower erhielt das Tierschutzbündnis aktuelles Bildmaterial aus dem ESI. Es zeigt Affen sowie eine Ratte, denen Implantate in den Kopf eingepflanzt wurden. Informationen eines anonymen Kontakts zufolge ist die Ratte nach tagelangen Blutungen verstorben.“
Die Mobbingvorwürfe belasten das Institut zusätzlich. So soll eine Führungskraft laut „Bild“ wiederholt versucht haben, eine Kollegin gegen ihren Willen zu küssen. Ein anderer Beschuldigter soll nach einer Feier eine Studentin im Taxi am Oberschenkel und nahe der Brust berührt haben.
Das Institut erklärte, dass man alle Vorwürfe „gründlich untersuche“ und „jegliches Fehlverhalten“ verurteile. Es gebe „keine Veranlassung für weitere Maßnahmen“.
David Poeppel, der seit 2021 als geschäftsführender Direktor am ESI tätig war, verkündete kürzlich seinen Abschied. Auf Twitter schrieb er: „Ich verlasse das ESI. Ich werde die große Gruppe der netten, intelligenten und hart arbeitenden 95 Prozent vermissen. Aber ich bin erleichtert, die Handvoll Leute hinter mir zu lassen, deren Verhalten nicht den Mindeststandards der Moral entspricht.“
Poeppel bestätigte die im Bericht der „Bild“-Zeitung erhobenen Vorwürfe. Die Zeitung habe „akkurat“ berichtet. „Die Fakten, so wie sie in diesem Bericht aufgeschrieben sind, kann ich so bestätigen.“
Das ESI steht nun vor der Herausforderung, sein Image wiederherzustellen. Sowohl die Vorwürfe der Tierquälerei als auch die Mobbingvorwürfe haben das Vertrauen in das Institut erschüttert. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen das ESI ergreifen wird, um die Vorwürfe aufzuarbeiten und das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen.
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