Die hohe Inflation in Europa in den Jahren 2022 und 2023 wird oft auf die gestiegenen Gaspreise zurückgeführt. Neuere Analysen deuten jedoch darauf hin, dass die Gründe komplexer sind und auch selbstverschuldete Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Wie Patrick Bernau in der FAZ berichtet, lagen die Preise in Deutschland teilweise um bis zu 8,8 Prozent höher als im Vorjahr, was sogar die Inflationsraten der Ölkrise übertraf.
Stefan Kooths vom IfW argumentiert im Wirtschaftsdienst, dass die Fiskal- und Geldpolitik während der Coronapandemie maßgeblich zur aktuellen Inflation beigetragen hat. Die staatlichen Hilfsprogramme stärkten die Kaufkraft der Bevölkerung, während gleichzeitig Lockdowns und Lieferkettenprobleme die Güterproduktion drosselten. Dieser Kaufkraftüberhang entfaltete seine inflationäre Wirkung mit dem Wiederanlaufen der Wirtschaft.
Kooths zieht einen Vergleich zur deutschen Wiedervereinigung: Auch damals entstand durch Währungsumstellung und Transfers ein deutlicher Kaufkraftüberhang. Im Gegensatz zur Coronakrise war dieser Effekt jedoch regional begrenzt, und die Bundesbank konnte stabilisierend eingreifen. Während der Pandemie hingegen öffneten die Notenbanken die Geldschleusen zu weit und finanzierten die Staatsdefizite über die Notenpresse, was die Inflation zusätzlich anheizte.
Auch die EZB beschäftigt sich intensiv mit der Inflation. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte auf dem Deutschen Sparkassentag 2023 die Entschlossenheit der EZB, die Inflation mittelfristig wieder auf 2 % zu senken. Die EZB habe die Zinsen bereits erhöht und sei zu weiteren Schritten bereit. Lagarde verwies auf die vielfältigen Inflationsursachen, darunter angebotsseitige Schocks wie Lieferengpässe und die Energiekrise, aber auch nachfrageseitige Effekte durch die gestiegenen Ausgaben nach dem Ende der Lockdowns.
Ein weiteres Problem sind die unterschiedlichen Inflationsraten innerhalb der Eurozone. Armin Steinbach beschreibt im Wirtschaftsdienst die Schwierigkeiten, die sich aus diesen Divergenzen für die Geldpolitik der EZB ergeben. Die gleiche Zinspolitik wirkt in Ländern mit hoher Inflation expansiv, in Ländern mit niedriger Inflation hingegen restriktiv. Diese Asymmetrie kann zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten und Verzerrungen an den Finanzmärkten führen.
Die EZB-Webseite erklärt die Bedeutung von Preisstabilität und die Rolle des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Der HVPI bildet einen repräsentativen Warenkorb von Waren und Dienstleistungen ab und erlaubt Preisvergleiche im Euroraum. Preisstabilität sei essentiell für die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern und das Funktionieren der Wirtschaft, so die EZB.
Das Statistische Bundesamt dokumentiert die Preisentwicklung in den EU-Ländern. Die Lebensmittelpreise sind 2023 stark gestiegen und haben die Inflation maßgeblich beeinflusst. Auch Preise für Gastronomie und Beherbergung legten überdurchschnittlich zu. Die Daten des Statistischen Bundesamtes verdeutlichen die anhaltende Herausforderung durch die Inflation.
ZDFheute beleuchtet die Auswirkungen der Inflation auf die Verbraucher. Steigende Preise für Energie, Lebensmittel und andere Güter führen zu Kaufkraftverlusten, insbesondere bei Haushalten mit geringem Einkommen. Der Artikel nennt verschiedene Strategien, um mit der Inflation umzugehen, wie sparsames Einkaufen und Geldanlagen.
Die Hans-Böckler-Stiftung diskutiert in ihrem Magazin "Mitbestimmung" die Wirksamkeit von Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung. Jens Ulbrich von der Bundesbank argumentiert, dass Zinserhöhungen die Nachfrage dämpfen und die Inflation senken. Isabella Weber von der Universität Massachusetts Amherst hält Zinserhöhungen hingegen für riskant, da die aktuelle Inflation nicht primär durch Konsum, sondern durch Lieferengpässe und steigende Gewinne getrieben sei.
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