September 19, 2024
Extreme Wetterbedingungen gefährden Zugvogelpopulationen in Deutschland

Artenschutz: Tief „Anett“ hat unzählige Zugvögel getötet

In den letzten Tagen wurde Deutschland von einem extremen Wetterereignis heimgesucht, das verheerende Auswirkungen auf die Zugvogelpopulation, insbesondere auf Schwalben, hatte. Der Tiefdruckwirbel „Anett“ brachte nicht nur Starkregen, sondern auch Kälte und Wind, die für viele Vögel fatale Folgen hatten. Ornithologen und Naturschützer berichten von einem dramatischen Anstieg der Todesfälle unter diesen gefiederten Reisenden.

Die Auffangstation für Wildvögel in Regenstauf, geleitet von Ferdinand Baer, hat in den letzten Tagen über 120 erschöpfte und teils verletzte Mehlschwalben aufgenommen. Laut Baer sind viele der Vögel in einem kritischen Zustand und benötigen dringend Pflege. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, äußerte er sich besorgt über die Situation.

Die Ursachen für das massenhafte Sterben sind vielfältig. Der Starkregen hat die Nahrungsaufnahme der Schwalben stark beeinträchtigt. Diese Vögel sind auf Insekten angewiesen, die sie im Flug fangen. Während des Unwetters waren jedoch weder die Insekten aktiv noch konnten die Schwalben fliegen, was zu einer massiven Nahrungsmittelknappheit führte. Viele Vögel verhungerten oder erfroren, da sie nicht in der Lage waren, ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten.

Angelika Nelson, Ornithologin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV), berichtete von zahlreichen Bildern, die verzweifelte Schwalben zeigen, die hungrig und frierend auf Fensterbrettern oder unter Dachvorsprüngen sitzen. „Die Lage ist dramatisch“, so Nelson weiter. Die betroffenen Vögel sind nur die Spitze des Eisbergs, und die tatsächliche Zahl der verendeten Schwalben könnte weitaus höher sein. In Österreich, wo die Situation noch kritischer ist, wurden Tausende tote Schwalben gefunden.

Das Extremwetter hat die Zugvögel mitten in ihrer Reise getroffen. Viele der verendeten Tiere stammen aus Nordosteuropa, wo sie bereits mehrere hundert Kilometer geflogen waren und somit geschwächt in die Wetterfalle gerieten. Normalerweise sind Zugvögel in der Lage, schlechte Wetterbedingungen zu umgehen, indem sie entweder das Unwetter umfliegen oder eine Pause einlegen. In diesem Fall war jedoch beides nicht möglich, da das Unwetter sich schnell ausbreitete und die Vögel keine Chance hatten, sich in Sicherheit zu bringen.

Die beiden in Deutschland verbreiteten Schwalbenarten, die Mehlschwalbe und die Rauchschwalbe, sind besonders betroffen. Während der Großteil der verendeten Vögel Mehlschwalben waren, gab es nur wenige Fälle von Rauchschwalben. Dies könnte an den unterschiedlichen Zugzeiten der beiden Arten liegen, da die Mehlschwalben das Unwetter mitten in ihrem Zug erwischte.

Die Situation wirft auch Fragen zum Artenschutz auf. Die Schwalbenpopulation ist bereits durch verschiedene Faktoren bedroht, darunter der Verlust von Lebensräumen und die Verwendung von Pestiziden, die die Insektenpopulation dezimieren. Das aktuelle Wetterereignis könnte als weiterer Faktor angesehen werden, der die Überlebenschancen dieser Arten weiter verringert.

Die Auffangstation in Regenstauf arbeitet unermüdlich daran, die überlebenden Schwalben zu pflegen und zu rehabilitieren. Die Tiere werden gewärmt, getrocknet und mit Futter und Flüssigkeit versorgt. Trotz dieser Bemühungen sind viele der Vögel bereits verstorben, was die Dringlichkeit der Situation unterstreicht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Wetterereignis „Anett“ eine alarmierende Anzahl von Zugvögeln, insbesondere Schwalben, getötet hat. Die Kombination aus extremen Wetterbedingungen, Nahrungsmangel und den bereits bestehenden Bedrohungen durch menschliche Aktivitäten stellt eine ernsthafte Herausforderung für den Artenschutz dar. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die Populationen erholen können und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die betroffenen Arten zu schützen.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Landesbund für Vogelschutz (LBV)

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