September 19, 2024
Rassismus und Diskriminierung im Polizeidienst eine alarmierende Studie zeigt Missstände auf

Polizeistudie: Jeder dritte Polizist erlebt Rassismus von Kollegen

Eine umfassende Studie, die 2021 vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegeben wurde, hat alarmierende Ergebnisse über das Erleben von Rassismus innerhalb der Polizei in Deutschland zutage gefördert. Der Abschlussbericht zeigt, dass etwa jeder dritte Polizeibeamte im Dienst innerhalb eines Jahres rassistische Äußerungen von Kollegen wahrgenommen hat. Diese Studie wurde durch zwei zeitlich versetzte Online-Befragungen ergänzt, bei denen die Teilnehmer auch über ihre Beobachtungen zum Umgang von Kollegen mit Bürgern und anderen Polizisten befragt wurden.

Ergebnisse der Befragungen

Bei der ersten Befragung gaben 67 Prozent der Teilnehmenden an, im zurückliegenden Jahr keine rassistischen Äußerungen gehört zu haben. In der zweiten Befragung stieg dieser Anteil leicht auf 68 Prozent. Die Wissenschaftler der Deutschen Hochschule der Polizei untersuchten die Einstellungen und Erfahrungen der Polizeibeamten aus Bund und Ländern und stellten fest, dass rassistische Äußerungen im Polizeialltag ein nicht zu vernachlässigendes Problem darstellen.

Sexismus und Korruption in der Polizei

Die Studie beleuchtet nicht nur Rassismus, sondern auch andere Formen von Diskriminierung. So berichteten mehr als 40 Prozent der Polizistinnen und Polizisten von sexistischer Sprache im Jahr vor der Befragung. Zehn Prozent gaben an, dass solche Äußerungen in mehr als zehn Fällen vorgekommen sind. Darüber hinaus berichteten drei Prozent der Befragten von korruptem Verhalten ihrer Kollegen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Fehlverhalten innerhalb der Polizei nicht nur auf Rassismus beschränkt ist, sondern auch andere diskriminierende und unethische Verhaltensweisen umfasst.

Reaktionen auf beobachtetes Fehlverhalten

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist, dass die meisten Befragten, die rassistische Äußerungen, Sexismus oder Korruption beobachtet hatten, persönlich meist nichts unternahmen. Obwohl etwa zehn Prozent der Befragten sexuelle Übergriffe anzeigten, bleibt die Dunkelziffer unklar, da viele Vorfälle möglicherweise nicht gemeldet werden. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass die individuelle Reaktion nicht unbedingt bedeutet, dass das Delikt nicht angezeigt wurde, da auch Dritte eine Anzeige erstatten können.

Zunahme von Muslimfeindlichkeit und autoritären Einstellungen

Die Studie zeigt auch, dass problematische Einstellungen unter Polizeibeamten zugenommen haben. Bei der ersten Erhebung zwischen November 2021 und Oktober 2022 stellten die Forscher eine Muslimfeindlichkeit bei elf Prozent der Befragten fest. In der zweiten Befragung, die zwischen November 2023 und März 2024 stattfand, stieg dieser Anteil auf 17 Prozent. Auch Chauvinismus und autoritäre Einstellungen nahmen zu, während die Ablehnung von Asylsuchenden von 30 Prozent auf 42 Prozent anstieg.

Reaktionen der Politik

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kommentierte die Ergebnisse der Studie mit dem Hinweis auf die Null-Toleranz-Politik gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit. Sie betonte die Notwendigkeit einer transparenten Fehlerkultur und die Bedeutung, der Entstehung und Verfestigung von Vorurteilen und Diskriminierungen konsequent entgegenzutreten. Gleichzeitig hob sie die Herausforderungen hervor, mit denen Polizeibeamte konfrontiert sind, die unter schwierigen und manchmal lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten.

Belastungen im Polizeialltag

Die Studie identifiziert auch Belastungsfaktoren im Berufsalltag der Polizei. Motivierende Erlebnisse beziehen sich häufig auf Kollegialität und Wertschätzung, während belastende Faktoren schwierige Ermittlungsfälle, empfundener Personalmangel und hohe Bürokratie umfassen. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, wies darauf hin, dass der Personalmangel in der Polizei ein ernstes Problem darstellt, das die Motivation und die Gesundheit der Beamten beeinträchtigt. Mangelnde Ressourcen führen zu steigenden Belastungen und Krankenständen.

Fazit

Die Ergebnisse der Polizeistudie zeigen, dass Rassismus und andere Formen von Diskriminierung in der Polizei ein ernstzunehmendes Problem darstellen. Die Zunahme von problematischen Einstellungen und das beobachtete Fehlverhalten unterstreichen die Notwendigkeit für umfassende Reformen und eine stärkere Sensibilisierung innerhalb der Polizeikräfte. Die Politik steht in der Verantwortung, Maßnahmen zu ergreifen, um ein respektvolles und diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen.

Die Studie wird weiterhin als Grundlage für zukünftige Maßnahmen und Diskussionen über die Reform der Polizeiarbeit in Deutschland dienen.

Quellen: Die Zeit, Der Tagesspiegel, Kurier.

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