September 19, 2024
Thüringer Landtag vor entscheidender Wahl: CDU und BSW setzen auf Geschäftsordnungsänderung

Thüringen: CDU und BSW wollen AfD-Landtagspräsidenten verhindern

In Thüringen steht die Wahl des Landtagspräsidenten vor der Tür, und die politische Landschaft ist von Spannungen geprägt. Die AfD hat sich als stärkste Fraktion etabliert und beansprucht das Vorschlagsrecht für das Amt des Landtagspräsidenten. Die anderen Parteien, darunter die CDU, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die Linke und die SPD, haben jedoch bereits angekündigt, keinen Vertreter der AfD zu wählen. Um eine Hängepartie zu vermeiden, planen die CDU und BSW eine Änderung der Geschäftsordnung des Landtags.

Hintergrund der Situation

Nach der Landtagswahl am 1. September hat die AfD die meisten Sitze im Thüringer Landtag gewonnen. Gemäß der aktuellen Geschäftsordnung hat die stärkste Fraktion das Recht, den ersten Vorschlag für den Landtagspräsidenten zu machen. Dies bedeutet, dass die AfD, die vom Thüringer Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, die Möglichkeit hat, einen eigenen Kandidaten zu nominieren. Die AfD hat bereits Wiebke Muhsal als ihre Kandidatin vorgeschlagen.

Änderung der Geschäftsordnung

Um die Wahl des Landtagspräsidenten zu beeinflussen, haben CDU und BSW angekündigt, in der konstituierenden Sitzung des Landtags einen Antrag einzubringen, der eine Änderung der Geschäftsordnung vorsieht. Der Vorschlag sieht vor, dass im ersten Wahlgang Kandidaten aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden können, nicht nur aus der stärksten Fraktion. Dies würde es ermöglichen, dass ein Gegenkandidat zur AfD-Kandidatin bereits im ersten Wahlgang gewählt werden kann. Die Parteien hoffen, durch diese Maßnahme ein wochenlanges Gezerre zu verhindern und den Landtag schneller arbeitsfähig zu machen.

Reaktionen der Parteien

Die Reaktionen auf den Vorschlag zur Änderung der Geschäftsordnung sind gemischt. Während die CDU und BSW sich für die Änderung starkmachen, kritisiert die AfD die Initiative als „Taschenspielertricks“. AfD-Fraktionschef Björn Höcke hat die anderen Parteien gewarnt, dass sie mit dieser Änderung die parlamentarische Partizipation eines Drittels der Thüringer Wähler untergraben würden. Er bezeichnete die geplante Änderung als einen „historischen Tabubruch“.

Die SPD und die Linke hingegen haben signalisiert, dass sie den Antrag unterstützen werden. Ein Sprecher der SPD erklärte, dass die Fraktion den Antrag voll und ganz unterstützen würde, auch wenn sie ihn nicht gemeinsam mit CDU und BSW einreiche. Linke-Fraktionschef Christian Schaft äußerte, dass der Antrag eine Chance biete, sicher durch die konstituierende Sitzung zu kommen.

Rechtliche Aspekte und Herausforderungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wahl des Landtagspräsidenten sind komplex. Laut einem Gutachten der Juristen der Landtagsverwaltung können ab dem dritten Wahlgang auch andere Fraktionen Kandidaten nominieren. Die AfD hingegen vertritt die Auffassung, dass ihr Vorschlagsrecht nicht auf die ersten Wahlgänge beschränkt ist. Dies könnte zu einem langwierigen Verfahren führen, insbesondere wenn der Alterspräsident, der die Wahl leitet, keine Vorschläge der anderen Parteien zulässt.

Beobachter befürchten, dass ohne eine Einigung im Vorfeld eine Hängepartie droht, die die Konstituierung des Landtags behindern könnte. Ein Landtag ohne Präsident ist nicht handlungsfähig und kann auch keinen neuen Ministerpräsidenten wählen. Die CDU und BSW sehen die Notwendigkeit, schnell zu einem handlungsfähigen Landtag zu kommen, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen.

Ausblick auf die konstituierende Sitzung

Die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags findet am 26. September statt. Es bleibt abzuwarten, wie die Abstimmung über die Änderung der Geschäftsordnung ausgehen wird und ob die anderen Fraktionen einen gemeinsamen Kandidaten nominieren können. Die politische Lage in Thüringen bleibt angespannt, und die kommenden Entscheidungen werden entscheidend für die zukünftige Regierungsarbeit sein.

Insgesamt zeigt die Situation in Thüringen, wie komplex und herausfordernd die politische Landschaft in Deutschland sein kann, insbesondere wenn es um die Integration von Parteien mit unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen geht. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die CDU und BSW ihre Pläne erfolgreich umsetzen können und wie sich die politische Dynamik im Land entwickeln wird.

Quellen: FAZ, MDR, Welt, Tagesschau

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