Der britische Industriekonzern Rolls-Royce steht vor einem bedeutenden Schritt in der Entwicklung der Kernenergie. Nach einem intensiven Wettbewerb, der von der tschechischen Regierung überwacht wurde, hat das Unternehmen den Zuschlag für den ersten Großauftrag seiner neuen Klein-Kernkraftwerke, bekannt als Small Modular Reactors (SMR), erhalten. Dieser Erfolg markiert einen Wendepunkt in der europäischen Atomkraftlandschaft, da Rolls-Royce als bevorzugter Anbieter für den staatlichen Energieversorger CEZ Group ausgewählt wurde.
In dem Auswahlprozess setzte sich Rolls-Royce gegen sechs andere namhafte Anbieter durch, darunter Westinghouse aus den USA und die Kooperation GE-Hitachi. Vorstandschef Chris Cholerton bezeichnete den Zuschlag als „Meilenstein“ für das Unternehmen und die gesamte Branche. Details zu Umfang und Wert des Auftrags sind derzeit noch nicht bekannt, es wird jedoch erwartet, dass mehrere Reaktoren im Wert von mehreren Milliarden Pfund in Auftrag gegeben werden.
Die SMR-Technologie von Rolls-Royce wird oft als „Mini-AKW“ bezeichnet. Mit einer Leistung von 470 Megawatt (MW) gehört dieses Modell zu den größeren unter den derzeit entwickelten SMR-Varianten. Im Vergleich dazu liegt die Leistung vieler anderer SMR-Modelle bei etwa 300 MW. Ein einzelnes Kleinkraftwerk könnte schätzungsweise eine Million Haushalte mit Strom versorgen und eine Betriebsdauer von über 50 Jahren erreichen.
Ein herausragendes Merkmal der SMR ist ihre modulare Bauweise. Diese ermöglicht es, die Reaktoren in Fabriken vorzufertigen, was die Bauzeit und Kosten im Vergleich zu herkömmlichen großen Atomkraftwerken erheblich reduziert. Rolls-Royce schätzt die anfänglichen Kosten pro SMR auf zwischen zwei und drei Milliarden Pfund. Im Vergleich dazu wird der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C, das eine Leistung von 3,2 Gigawatt hat, voraussichtlich mehr als 40 Milliarden Pfund kosten.
Die Entscheidung von CEZ, Rolls-Royce als bevorzugten Anbieter auszuwählen, wird als starkes Vertrauensvotum für britische Technologie angesehen. Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds äußerte, dass dies ein Beweis für die führende Rolle des Vereinigten Königreichs in der Nukleartechnologie sei. Neben Tschechien zeigt auch Schweden Interesse an der SMR-Technologie, wo Rolls-Royce um einen Auftrag des staatlichen Energieunternehmens Vattenfall konkurriert. Darüber hinaus gibt es Anfragen aus mehreren Ländern im Nahen Osten, was das Exportpotenzial der Technologie unterstreicht.
Rolls-Royce hat in Großbritannien einen Wettbewerb um das beste SMR-Design gewonnen und verfügt über einen Entwicklungsvorsprung von etwa 18 Monaten gegenüber seinen Konkurrenten. Das Unternehmen hat bereits 210 Millionen Pfund an staatlichen Zuschüssen für die Entwicklung seiner SMR-Modelle erhalten. Derzeit hat das SMR-Modell von Rolls-Royce die zweite Hürde der Zulassungsbehörde erfolgreich überwunden.
Tschechien hat sich stark für die Nutzung der Atomkraft entschieden, um die Energieversorgung des Landes auch in Zukunft sicherzustellen. Der staatliche Versorger CEZ hat kürzlich den südkoreanischen Energiekonzern KHNP für den Bau neuer Kernkraftwerke mit einer Leistung von jeweils 1000 Megawatt ausgewählt. Diese Projekte sind Teil eines umfassenderen Plans, die Abhängigkeit von Kohlekraftwerken zu verringern und die Energieversorgung des Landes zu garantieren.
Der bevorstehende Bau der ersten Small Modular Reactors von Rolls-Royce in Tschechien könnte nicht nur die Energieversorgung des Landes revolutionieren, sondern auch einen neuen Standard für die Entwicklung und den Bau von Kernkraftwerken weltweit setzen. Die modulare Bauweise, die potenziell geringeren Kosten und die Fähigkeit, eine große Anzahl von Haushalten mit Strom zu versorgen, machen die SMR-Technologie zu einem vielversprechenden Ansatz für die zukünftige Energieproduktion.
