Angesichts steigender Zahlen von Femiziden und häuslicher Gewalt fordern Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) verstärkte Maßnahmen zum Schutz von Frauen. Wie die Zeit am 22. November 2024 berichtete, wollen die Senatorinnen sogenannte multiinstitutionelle Fallkonferenzen in Hochrisikofällen einführen, um drohende Gewalttaten frühzeitig zu erkennen. "Die steigenden Zahlen von Femiziden und häuslicher Gewalt gegen Frauen sind erschütternd", erklärten die beiden Politikerinnen laut dpa. "Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um weitere Fälle zu verhindern."
Die Fallkonferenzen sollen den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Stellen verbessern, mit denen betroffene Frauen in Kontakt stehen. Dazu gehören Frauenhäuser, Beratungsstellen, Jugendämter und Gerichte. "Überall dort könne es Hinweise auf einen drohenden Femizid geben", so Kiziltepe. Die Fallkonferenzen sollen dazu dienen, diese Hinweise zu einem Gesamtbild zusammenzuführen und so das Risiko von Tötungsdelikten zu reduzieren. Dieses Verfahren sei bereits in anderen Bundesländern erfolgreich praktiziert worden, wie die Zeit berichtet.
Die Einführung der Fallkonferenzen ist jedoch nicht unumstritten. Datenschützer sehen das Instrument kritisch. Die Senatorinnen betonen jedoch die Notwendigkeit des Schutzes von Frauen und argumentieren, dass der Datenschutz nicht über dem Schutz von Frauen stehen dürfe. Wie der rbb am 5. September 2024 berichtete, werden in Berlin bereits Arbeitsgemeinschaften genutzt, um Informationen zwischen den beteiligten Stellen auszutauschen. Allerdings erfolgt dies bisher ohne eine umfassende Vernetzung, was die Effektivität der Maßnahmen einschränkt.
Die Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat bereits im Juli 2024 einen Fünf-Punkte-Plan zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt vorgestellt, wie die Morgenpost berichtete. Dieser beinhaltet unter anderem die Forderung nach interdisziplinären Fallkonferenzen, einer Verlängerung der Wegweisungsdauer für Gewalttäter und die Einführung eines Kontakt- und Näherungsverbots. Auch die Notwendigkeit einer besseren Vernetzung zwischen Polizei, Ämtern und Beratungsstellen wird betont.
Die Notwendigkeit eines verbesserten Schutzes von Frauen vor Gewalt wird auch auf Bundesebene diskutiert. Wie der Bundestag auf seiner Webseite dokumentiert, wurden bereits im Dezember 2019 Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP-Fraktion zur Verbesserung des Schutzes von Frauen vor Gewalt beraten. Diese forderten unter anderem einen Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus und die Stärkung von Beratungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen.
Die offizielle Statistik des Bundeskriminalamtes zeigt die Dringlichkeit des Problems. Im Jahr 2023 wurde in Deutschland fast täglich eine Frau Opfer eines Femizids. In 155 von 360 Fällen war der Täter der Partner oder Ex-Partner. In Berlin wurden im gleichen Jahr 9.830 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Diese Zahlen verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen.
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