Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln sind dazu angehalten, sich ausreichend festzuhalten, um bei plötzlichen Bremsmanövern oder anderen unvorhergesehenen Ereignissen einen Sturz zu vermeiden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 11.11.2024 berichtete, verdeutlicht ein Fall vor dem Amtsgericht München die rechtlichen Konsequenzen, wenn diese Vorsichtsmaßnahme missachtet wird. Ein 76-jähriger Mann stürzte in einem Linienbus nach einer Vollbremsung und klagte anschließend auf Schmerzensgeld. Das Gericht wies die Klage jedoch ab, da der Kläger sich nicht ausreichend festgehalten hatte.
Der Vorfall ereignete sich im April 2023 auf der Donnersbergerbrücke in München. Der Busfahrer musste eine Vollbremsung einleiten, da ein Pkw die Fahrspur wechselte. Der stehende Kläger, der sich nur mit einer Hand am Haltegriff festhielt und in der anderen Hand einen Einkaufstrolley hatte, stürzte und verletzte sich. Er argumentierte, die Fahrweise des Pkw-Fahrers habe den Sturz verursacht und forderte Schmerzensgeld. Das Gericht räumte zwar ein, dass der Spurwechsel des Pkw-Fahrers einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung darstellte, sah jedoch ein vollständiges Mitverschulden des Klägers.
Die Begründung des Gerichts stützt sich auf die allgemeine Pflicht der Fahrgäste, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Diese Vorschrift dient dem Schutz der Fahrgäste vor Stürzen und Verletzungen bei Gefahrenbremsungen. Im vorliegenden Fall hielt sich der Kläger jedoch nur mit einer Hand fest, während die andere Hand auf seinem Einkaufstrolley lag. Das Gericht beurteilte diese Position als unzureichend, um bei einer Bremsung ausreichend gesichert zu sein. Der Trolley bot keinen zusätzlichen Halt und stellte im Gegenteil eher ein Hindernis dar, da der Kläger ihn auch während des Sturzes nicht losließ und sich somit nicht mit beiden Händen festhalten konnte.
Weiterhin argumentierte das Gericht, dass keine anderen Fahrgäste, darunter auch eine ältere Dame, bei der Vollbremsung stürzten. Dies unterstreicht die Bedeutung des Festhaltens. Das Gericht kritisierte zudem, dass der Kläger trotz seines Alters und des mitgeführten Trolleys keinen Sitzplatz eingenommen hatte, obwohl ausreichend Plätze frei waren. Es betonte, dass im Stadtverkehr regelmäßig mit heftigen Bremsmanövern zu rechnen sei und Fahrgäste sich entsprechend vorbereiten müssen. Wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet, sind ähnliche Fälle bereits vor anderen Gerichten verhandelt worden. So sprach das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Jahr 2015 einem Fahrgast Schmerzensgeld zu, der bei einer Vollbremsung stürzte. In diesem Fall sah das Gericht jedoch ein Fehlverhalten des Busfahrers, der eine unübersichtliche Stelle überholte und dadurch die Vollbremsung verursachte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fahrgäste in Bussen eine Eigenverantwortung für ihre Sicherheit tragen und sich durch Festhalten vor Stürzen schützen müssen. Auch wenn die Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer zu einem Bremsmanöver führt, kann ein Mitverschulden des Fahrgastes einen Anspruch auf Schmerzensgeld ausschließen. Ein sicherer Halt, gegebenenfalls das Einnehmen eines Sitzplatzes, sind wichtige Maßnahmen, um das Risiko eines Sturzes zu minimieren.
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