Der Rücktritt von Chrystia Freeland, Kanadas Finanzministerin und stellvertretender Premierministerin, stellt eine ernsthafte Bedrohung für Justin Trudeaus politische Zukunft dar. Wie die FAZ berichtet, erfolgte Freelands Rücktritt kurz nachdem NDP-Chef Jagmeet Singh Trudeau zum Rücktritt aufgefordert und die Liberale Partei unter Trudeau als handlungsunfähig und selbstbezogen kritisiert hatte. Dieser Rücktritt stürzt die kanadische Regierung in eine Krise.
Freeland, eine enge Vertraute des Premierministers, erklärte ihren Rücktritt mit unüberbrückbaren Differenzen in der strategischen Ausrichtung angesichts der von US-Präsident Trump angedrohten Zölle. In ihrem Rücktrittsschreiben, das sie auf X veröffentlichte, sprach sie von Meinungsverschiedenheiten mit Trudeau über den „besten Weg nach vorn“ in den letzten Wochen. Die Tagesschau berichtet, dass Freeland Trudeaus geplante Steuersenkungen kritisch sah und angesichts der drohenden US-Zölle einen sparsameren Haushaltskurs befürwortete. Laut FAZ bot Trudeau Freeland einen anderen Kabinettsposten an, was sie jedoch als Zeichen mangelnden Vertrauens interpretierte und ablehnte.
Die von Trump angedrohten 25-Prozent-Zölle auf kanadische Importe gefährden die kanadische Wirtschaft erheblich. Kanada exportiert etwa 75 Prozent seiner Güter in die USA, und Experten befürchten eine Rezession, sollten die Zölle tatsächlich in Kraft treten. Die Tagesschau berichtet, Freeland habe Trudeaus angekündigte zweimonatige Steuerbefreiungen und Einmalzahlungen für die Bevölkerung kritisiert, da diese die finanzielle Flexibilität Kanadas im Falle eines Handelskriegs mit den USA einschränken würden. Die FAZ zitiert kanadische Medien, die Freelands Rücktritt als „politischen Dolchstoß“ bezeichnen.
Für Trudeau, dessen Popularität zuletzt stark gesunken ist, ist Freelands Rücktritt ein schwerer Schlag. Laut FAZ liegen die Liberalen in Umfragen etwa 20 Prozent hinter den Konservativen. Ähnlich wie in den USA sind steigende Lebenshaltungskosten aufgrund von Inflation und Migration zentrale Wahlkampfthemen. Der Rücktritt Freelands, die als Trudeaus mächtigste und loyalste Verbündete galt, könnte zur entscheidenden Belastungsprobe für den Premierminister werden. Der vorangegangene Rücktritt von Wohnungsbauminister Sean Fraser, einem aufstrebenden liberalen Politiker, verstärkt den Eindruck, dass Trudeau an Rückhalt in den eigenen Reihen verliert.
Die NDP könnte nun über Trudeaus politische Zukunft entscheiden. Ein Entzug ihrer Unterstützung für die Liberalen könnte Neuwahlen auslösen. Der konservative Parteiführer Pierre Poilievre forderte Singh auf, Neuwahlen zu unterstützen, die „Kanadas Interessen allem voranstellen“. Singh selbst äußerte sich zunächst vorsichtig und erklärte, alle Optionen seien offen. Auch innerhalb der Liberalen Partei gibt es Unmut. Verkehrsministerin Anita Anand zeigte sich betroffen vom Rücktritt Freelands und behielt sich weitere Kommentare vor. Mehrere liberale Abgeordnete forderten öffentlich Trudeaus Rücktritt.
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