Die autonome Region Gagausien in Moldau, gelegen zwischen der Ukraine und Rumänien, rückt immer wieder in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit. Doch warum sollte man sich für diese abgelegene Region interessieren? Die Antwort ist vielschichtig und reicht von geopolitischen Interessen mächtiger Staaten bis hin zu den Sorgen der Menschen vor Ort.
Gagausien ist, wie Michael Martens in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 3. November 2024 schrieb, ein Gebiet, das sowohl den russischen Präsidenten Putin als auch den türkischen Präsidenten Erdoğan interessiert. Diese Aufmerksamkeit von außen ist ein wichtiger Faktor, um die Bedeutung Gagausiens zu verstehen. Russland sieht in der Region einen möglichen Hebel, um Einfluss auf Moldau auszuüben und dessen EU-Annäherung zu behindern. Die Türkei hingegen pflegt traditionell enge Beziehungen zu den Gagausen, einem turksprachigen Volk, und versucht, ihren kulturellen und wirtschaftlichen Einfluss in der Region zu stärken.
Die Bevölkerung Gagausiens zeigt eine starke pro-russische Haltung. Wie die Deutsche Welle (DW) am 31. Oktober 2024 berichtete, stimmten 95 Prozent der Gagausen in einem Referendum gegen die Verankerung des EU-Kurses in der moldauischen Verfassung. Diese starke Ablehnung der EU hat verschiedene Gründe. Zum einen spielen russische Medien, die in der Region weit verbreitet sind, eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung. Zum anderen fühlen sich viele Gagausen wirtschaftlich und kulturell eher Russland verbunden. Viele Gagausen arbeiten in Russland oder haben dort Familie. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Moldaus und die Angst vor den Folgen einer EU-Integration tragen ebenfalls zur Skepsis gegenüber Europa bei.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete am 1. Mai 2023 über die prorussische Haltung in Gagausien und die Sorgen der moldauischen Regierung, dass die Region zu einer Quelle der Instabilität werden könnte. Die moldauische Präsidentin Maia Sandu warf Russland vor, sich in die inneren Angelegenheiten Moldaus einzumischen und die gagausischen Kandidaten als Agenten Moskaus zu bezeichnen.
Trotz der ablehnenden Haltung der Bevölkerung hat die EU in den vergangenen Jahren Millionen Euro in die Infrastruktur Gagausiens investiert. Viele Projekte, wie die Renovierung von Schulen und Kindergärten, wurden mit EU-Geldern finanziert. Doch wie die DW berichtet, ist vielen Gagausen nicht bewusst, woher diese Gelder stammen. Die Desinformationskampagnen aus Russland tragen dazu bei, dass die EU in der Region weiterhin negativ wahrgenommen wird.
Die Zukunft Gagausiens ist ungewiss. Die Region steht vor der Herausforderung, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern und gleichzeitig ihre kulturelle Identität zu bewahren. Der Einfluss Russlands und der Türkei wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die moldauische Regierung muss versuchen, den Dialog mit der Region zu intensivieren und die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Nur so kann verhindert werden, dass Gagausien zu einem dauerhaften Konfliktherd wird.
Julian Gröger analysierte im Oktober 2024 für die Heinrich-Böll-Stiftung die Situation in Moldau und beschrieb die Herausforderungen der moldauischen Demokratie im Umgang mit russischer Desinformation und Einflussnahme. Er betonte die Bedeutung der Unterstützung der EU für Moldau und die Notwendigkeit, aus den Erfahrungen des Referendums zu lernen.
Auch die Frankfurter Rundschau (FR) berichtete am 19. Oktober 2024 über die Wahlen in Moldau und die Einflussnahme Russlands. Die FR zitierte die KAS-Expertin Brigitta Triebel, die auf die Risiken des Stimmenkaufs und der Desinformation hinwies.
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