19.10.2024
Gareth Southgate tritt nach EM-Niederlage als England-Trainer zurück

Gareth Southgate: England-Trainer tritt nach EM-Niederlage zurück

Wieder das Endspiel erreicht, wieder das Endspiel verloren. Nach dem EM-Finale gegen Spanien tritt Englands Fußball-Nationaltrainer Gareth Southgate zurück. Einige träumen von Jürgen Klopp als Nachfolger.

„Als stolzer Engländer war es die Ehre meines Lebens, für England zu spielen und England zu managen. Es hat mir alles bedeutet, und ich habe alles gegeben.“ Mit diesen Worten beginnt Gareth Southgate sein Statement, dass der englische Fußball-Verband (FA) am Dienstagmittag veröffentlicht hat und das mit den Worten schließt: „Danke England – für alles.“ Southgate gibt darin seinen Rücktritt als Trainer der englischen Nationalmannschaft bekannt.

FUSSBALL-EM

Am Ende des Jahres wäre sein Vertrag ausgelaufen, nun macht er schon jetzt den Weg frei für seinen Nachfolger. Große Namen waren schon unmittelbar nach der Niederlage gegen Spanien am Sonntagabend im EM-Finale aufgetaucht. Darunter: Der Deutsche Thomas Tuchel, bis zum Sommer beim FC Bayern München unter Vertrag; Graham Potter, der ehemalige Trainer des FC Chelsea; Eddie Howe, derzeit Trainer von Newcastle United.

„Unvergessliche Erinnerungen“

Im Herbst 2016 hatte Southgate die Verantwortung für Englands Nationalteam übernommen und es zurückgeführt auf einige der größten Bühnen des Fußballs. Seit der Weltmeisterschaft 1966 hat England keinen großen Titel mehr gewonnen. Nach zwei Niederlagen in zwei EM-Finals in Serie aber stand nun auch die Frage im Raum, ob es mit ihm an der Seitenlinie wirklich ein Happy End geben könne.

Nur rund 37 Stunden nach dem Abpfiff des Endspiels in Berlin hat Southgate eine Antwort darauf gefunden: Das 102. Spiel als Nationaltrainer war sein letztes. Mit ihm geht auch sein Ko-Trainer Steve Holland. „In den letzten acht Jahren haben sie die englische Nationalmannschaft verändert und unvergessliche Erinnerungen geschaffen für jeden, der die Three Lions liebt“, wird Mark Bullingham, der Hauptgeschäftsführer des FA in einer Stellungnahme zitiert: „Gareth hat das Unmögliche möglich gemacht und ein starkes Fundament für zukünftige Erfolge gelegt.“

Richtige Impulse

Southgate war mit seinem Team bei dieser EM durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Sie wurden heftig kritisiert, von Experten und Fans, manche warfen sogar Bierbecher nach dem Trainer, andere pfiffen ihn aus – und trotzdem schaffte es England bis ins Endspiel. Southgate schien die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit gezogen zu haben, er fand einen Weg aus dem Elfmeter-Trauma dieser Fußball-Nation, er gab in der K.-o.-Phase, in der England mehrmals vor dem Aus stand, die richtigen Impulse von der Bank.

In den 50 Jahren zwischen dem WM-Titel 1966 und dem Beginn der Southgate-Jahre 2016 hatte England nur sieben K.-o.-Spiele bei 25 Turnieren gewonnen, mit Southgate gewannen sie in acht Jahren neun dieser Partien. „Die Mannschaft, die wir nach Deutschland mitgenommen haben, ist voller aufregender junger Talente, sie kann den Pokal gewinnen, von dem wir alle träumen“, sagt Southgate in seinem Abschiedsstatement.

Kritiker aber glauben, dass der Zeitpunkt schon jetzt perfekt gewesen wäre, dass Southgate aber nicht die richtigen Entscheidungen getroffen habe. So wird kritisiert, dass er Jack Grealish nicht für diese EM nominiert hatte, denn auch wenn sich der Angreifer von Manchester City nicht in Bestform präsentierte, war er immerhin einer der besten Spieler in der Premier League.

Der englische Fußballverband FA hatte vor dem Spiel gegen Spanien und unabhängig vom Ausgang des Finals signalisiert, mit dem früheren Verteidiger bis zur WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada weiterarbeiten zu wollen. Die Turnierbilanz von Southgate, der seit September 2016 im Amt war, ist überaus erfolgreich. Neben dem Finaleinzug in Deutschland erreichte er auch 2021 das EM-Finale, 2018 das WM-Halbfinale und 2022 das WM-Viertelfinale. Nur Weltmeister-Trainer Alf Ramsey war mit den Three Lions erfolgreicher.

Öffentliche Kritik war groß

Southgate hatte seinen Vertrag vor der EM nicht verlängert. Die öffentliche Kritik an ihm, auch bei vielen Ex-Profis, war in den vergangenen Jahren gewachsen - auch bei diesem Turnier blieb sie nicht aus. Die Fans warfen Becher nach dem Trainer, die heimischen Experten und Medien übten anfangs heftige Kritik. Die Gruppenphase war für die mit zahlreichen Topspielern angetretenen Engländer äußerst holprig verlaufen. Der Stimmungsumschwung kam erst nach dem überzeugenden 2:1 im Halbfinale gegen die Niederlande.

Mögliche Nachfolger waren schon heiß gehandelt worden, bevor Southgates Entschluss die Öffentlichkeit erreichte. "Würdet ihr nicht alles für Jürgen Klopp geben?", fragte der BBC-Experte und Ex-Nationalspieler Gary Lineker in einer Gesprächsrunde. Klopp sei "irgendwie ohne Job. Er wird sich ein bisschen ausgeruht haben".

Jürgen Klopp als Zuschauer beim EM-Finale

Klopp genoss am Sonntag beim EM-Finale jedenfalls seine Zuschauerrolle noch in vollen Zügen. In lässiger Jeansjacke knipste die Trainer-Ikone Fotos mit Ed Sheeran und Dennis Schröder, erfreute sich am rot leuchtenden Berliner Abendhimmel.

Seine Auszeit vom Trainer-Dasein kostet Klopp derzeit voll aus - ein Job als Englands Nationaltrainer wirkt verfrüht, auch wenn der Guardian in ihm den "perfekten" Nachfolger von Southgate sieht.

Thomas Tuchel hatte offenbar schon einmal Interesse

Und auch der Name Thomas Tuchel wabert schon durch die englischen Medien. Der 50-Jährige ist nach seinem Aus beim FC Bayern frei, kennt die Insel von seiner Zeit beim FC Chelsea - und soll sich den Job vorstellen können. Das berichtet zumindest die britische Boulevardzeitung The Sun. Demnach habe sich Tuchel 2022 schon einmal beim englischen Verband gemeldet.

Spannende Kandidaten für Southgate-Nachfolge

„Wir blicken mit großem Stolz auf Gareths Amtszeit zurück - sein Beitrag zum englischen Fußball, einschließlich einer bedeutenden Rolle in der Spielerentwicklung und im kulturellen Wandel, war einzigartig“, sagte FA-Chef Mark Bullingham. Southgate habe „das Unmögliche möglich gemacht und ein starkes Fundament für zukünftige Erfolge gelegt“. Vor dessen Amtszeit war der Finaleinzug den Engländern bei großen Turnieren überhaupt nur einmal gelungen (1966).

Als Kandidaten für Southgates Nachfolge gelten Eddie Howe von Newcastle United, der ehemalige Chelsea-Trainer Graham Potter sowie der frühere Weltklassespieler Frank Lampard. Auch der Argentinier Mauricio Pochettino wurde schon mehrfach genannt, ebenso Thomas Tuchel. Ex-Nationalspieler Gary Lineker brachte Jürgen Klopp ins Gespräch, der nach neun Jahren beim FC Liverpool eine Pause einlegte.

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