September 27, 2024
Gerichtsurteil stärkt Persönlichkeitsrechte im Cum-Ex-Skandal

Der frühere Chef der Hamburger Warburg-Bank, Christian Olearius, der in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt war, hat einen Gerichtserfolg errungen. Wie die Zeit berichtet, hatte er gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt, da er sich durch Äußerungen von zwei Beamten öffentlich vorverurteilt und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Das Kölner Verwaltungsgericht gab dem 82-Jährigen größtenteils recht. Die entsprechenden Urteile tragen die Aktenzeichen 9 K 2971/22 und 9 K 2938/22.

Olearius war an Cum-Ex-Aktiengeschäften beteiligt, bei denen der Staat nicht gezahlte Steuern erstattete und dadurch um einen zweistelligen Milliardenbetrag geschädigt wurde. Im Jahr 2021 stufte der Bundesgerichtshof diese Geschäfte als Straftat ein. Zahlreiche der damals beteiligten Finanzakteure mussten sich in verschiedenen Verfahren vor Gericht verantworten, darunter auch Olearius. Ihm wurde besonders schwerer Steuerbetrug vorgeworfen.

Umstrittener Zeitpunkt von Äußerungen vor der Kamera

Im Jahr 2021 strahlte die ARD eine Dokumentation aus, in der die damalige Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker und der Präsident des Bonner Landgerichts, Stefan Weismann, zu Wort kamen.

Brorhilker sagte mit Blick auf die Cum-Ex-Finanzakteure: „Die fühlen sich halt über allem drüber stehend – auch über dem Gesetz.“ Und weiter: „Das ist ein Merkmal, was organisierte Kriminalität auszeichnet.“

Weismann äußerte sich vor der Kamera wie folgt: „Was dort passiert, ist organisierte Kriminalität. Die unterscheidet sich vom Kriminalitätsgehalt in nichts von Rauschgiftbanden, Clan-Kriminalität, Sprengungen von Geldautomaten – das ist alles derselbe kriminelle Gehalt.“

Olearius wurde in dem Film gezeigt und namentlich genannt. Das Kölner Gericht sah in solchen Aussagen die Gefahr einer vorverurteilenden Ächtung in der Öffentlichkeit. Sie hätten den Eindruck erweckt, Olearius sei der Straftat bereits überführt worden, obwohl die Ermittlungen gegen ihn noch nicht abgeschlossen waren. Auch Banken-Mitinhaber Max Warburg hatte Klage eingereicht. Da er in dem Film jedoch nicht namentlich genannt wurde, wies das Verwaltungsgericht seine Klagen ab.

Reaktion auf die Urteile

Ein Sprecher von Olearius bewertete die Kölner Entscheidung positiv: „Die Klarheit der Urteile des Verwaltungsgerichts spricht eine deutliche Sprache und unterstreicht, dass die ehemalige zuständige Oberstaatsanwältin in höchst zweifelhafter Weise gegen rechtsstaatlich fundamentale Grundsätze zulasten von Dr. Olearius verstoßen hat.“

Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizministeriums wies darauf hin, dass die erstinstanzliche Gerichtsentscheidung noch nicht rechtskräftig sei. Das Verwaltungsgericht ließ die Berufung zu. Man kommentiere Gerichtsentscheidungen nicht, sondern überprüfe diese vor allem nach Eintritt der Rechtskraft „auf gegebenenfalls erforderlichen Handlungsbedarf im eigenen Zuständigkeitsbereich“, so der Ministeriumssprecher.

Cum-Ex-Prozess gegen Olearius eingestellt

Der Cum-Ex-Prozess gegen Olearius vor dem Bonner Landgericht wurde im Juni 2024 wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt. Ein Gutachten hatte dem 82-Jährigen einen angeschlagenen Gesundheitszustand attestiert. Aufgrund der Einstellung kam es weder zu einem Freispruch noch zu einem Schuldspruch. Olearius hatte seine Unschuld beteuert.

Brorhilker beendete ihre Tätigkeit als Oberstaatsanwältin und Cum-Ex-Chefanklägerin im Mai 2024 und wechselte zur Bürgerbewegung Finanzwende. Dort will sie ihren Kampf gegen Finanzkriminalität fortsetzen.

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