Das Riechen, lange Zeit ein eher stiefmütterlich behandeltes Sinnesorgan in der Medizin, rückt zunehmend in den Fokus von Forschung und Entwicklung. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, eröffnen sich durch neue Technologien ungeahnte Möglichkeiten, den Geruchssinn zu erforschen, zu digitalisieren und sogar therapeutisch zu nutzen. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit von Alex Wiltschko, der nach eigenen Angaben den ersten „digitalisierten und teleportierten Duft“ kreiert hat – die „frische Sommerpflaume“. Doch was steckt hinter dieser Entwicklung und welche Chancen bietet die sogenannte Geruchsmedizin?
Die Rechtsmedizin, wie Wikipedia erläutert, nutzt bereits seit langem medizinisches und naturwissenschaftliches Wissen für die Rechtspflege. Teilbereiche wie die Pathologie, Toxikologie und DNA-Analyse spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung von Verbrechen und Todesfällen. Die forensische Medizin, so die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, untersucht nicht nur Leichen, sondern auch lebende Personen, beispielsweise bei Verdacht auf Körperverletzung oder Misshandlung. Hierbei geht es unter anderem um die Dokumentation von Verletzungen und die Feststellung von Todesursachen.
Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) betont die wichtige Rolle der Pathologie bei der Diagnose von Krankheiten. Pathologen untersuchen Gewebeproben unter dem Mikroskop, um beispielsweise gutartige von bösartigen Tumoren zu unterscheiden oder Entzündungen zu diagnostizieren. Auch bei Obduktionen, die auf Wunsch der Angehörigen durchgeführt werden, um die Todesursache zu klären, sind Pathologen tätig. Die DGP weist jedoch darauf hin, dass die Untersuchung von Todesfällen mit vermuteter nicht natürlicher Ursache in den Bereich der Rechtsmedizin fällt.
Die Ausbildung zum Rechtsmediziner, wie auf Azubiyo.de beschrieben, ist langwierig und anspruchsvoll. Nach dem Medizinstudium folgt eine fünfjährige Facharztausbildung, die unter anderem die Bereiche Pathologie, Psychiatrie und Psychotherapie umfasst. Angehende Rechtsmediziner lernen, wie man den Todeszeitpunkt bestimmt, Obduktionen durchführt und Spuren von Alkohol, Drogen oder Medikamenten nachweist. Psychische Belastbarkeit ist in diesem Beruf unerlässlich, da man mit traumatischen Fällen konfrontiert wird.
Die Liegezeitbestimmung von Leichen, ein Spezialgebiet der Rechtsmedizin, ist komplex und von verschiedenen Faktoren abhängig, wie Prof. Marcel Verhoff im Ärzteblatt erläutert. Bei frischen Leichen kann die Temperaturmessung Hinweise liefern, während bei länger liegenden Toten Insekten, Pollen oder Knochenanalysen zum Einsatz kommen. Die Liegezeitbestimmung kann auch bei archäologischen Funden eine Rolle spielen, um das Alter von Skeletten zu bestimmen.
Die Digitalisierung des Geruchssinns, wie im Beispiel der „Sommerpflaume“ von Alex Wiltschko, eröffnet neue Möglichkeiten für die Medizin und die KI-Welt. Die FAZ berichtet von der Vision, Düfte per Internet zu teleportieren und für therapeutische Zwecke einzusetzen. So könnten beispielsweise Patienten mit Geruchsverlust durch digitale Duftsimulationen ihren Geruchssinn wiedererlangen oder bestimmte Düfte zur Behandlung von psychischen Erkrankungen eingesetzt werden.
Die Geruchsmedizin steht noch am Anfang ihrer Entwicklung, doch das Potenzial ist enorm. Von der Diagnose von Krankheiten über die Therapie bis hin zur forensischen Aufklärung von Verbrechen – der Geruchssinn könnte in Zukunft eine viel größere Rolle in der Medizin spielen, als wir es uns heute vorstellen können.
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