Niedersächsische Wissenschaftler arbeiten an einem „Smartcar“, das während der Fahrt Gesundheitsdaten erfasst und so zur Schlaganfallprävention beitragen soll. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, stellte das Forschungsteam das Fahrzeug kürzlich der Öffentlichkeit vor. Professor Thomas Deserno vom Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik (PLRI), einer gemeinsamen Einrichtung der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, sieht in der kontinuierlichen Gesundheitsüberwachung im Auto großes Potenzial für die Früherkennung von Krankheiten. Laut Deserno könnten durch die Messungen über einen längeren Zeitraum unter anderem Schlaganfälle verhindert werden. Die „Zeit“ berichtete am 24. November 2024 ebenfalls über das Projekt (https://www.zeit.de/news/2024-11/24/smartes-auto-soll-schlaganfaelle-verhindern).
Das Fahrzeug ist mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, die während der Fahrt Vitalparameter erfassen, ohne den Fahrer zu beeinträchtigen. Ein Sensorsystem im Lenkrad zeichnet über die Hände ein EKG auf, der Sicherheitsgurt erfasst Herztöne, Kameras im Innenraum berechnen Herzschlag- und Atemfrequenz anhand des Gesichts des Fahrers und ein Temperatursensor im Sitz misst die Körpertemperatur. „Alle wichtigen Vitalparameter können so erfasst werden“, erklärt Deserno. Die gesammelten Daten werden anschließend ausgewertet und dem Nutzer am Abend per E-Mail zugesandt. Auf mögliche Auffälligkeiten, die einen Arztbesuch nahelegen, wird in der Auswertung hingewiesen.
Besonders im Fokus steht die Prävention von Schlaganfällen, die laut Deserno in gut einem Drittel der Fälle durch Vorhofflimmern ausgelöst werden. Durch die kontinuierliche Überwachung des Herzschlags im Auto könnten häufigere oder längere Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkannt und so möglicherweise ein Schlaganfall verhindert werden. Auch andere Erkrankungen wie Diabetes oder sich anbahnende Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnten durch das System frühzeitig erkannt werden, so Deserno.
Das Smartcar wurde auch auf der Medizintechnik-Messe „Medica“ in Düsseldorf präsentiert. Laut Deserno war das Interesse an dem Projekt groß und die Resonanz positiv. Zahlreiche Medien berichteten über das innovative Konzept, das Gesundheit, Mobilität und Technik verbindet.
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Car as Diagnostic Space“ (CarDS) soll laut Deserno auch dazu beitragen, Lösungen für die Zukunft des Gesundheitssystems zu finden. Angesichts des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung sieht er die Notwendigkeit, den Fokus stärker auf Prävention zu legen. Bisher werde ein Schlaganfall erst behandelt, nachdem er eingetreten sei. Die Vermeidung solcher Notfälle durch präventive Maßnahmen sollte seiner Ansicht nach stärker in den Vordergrund rücken.
Dennoch räumt Deserno ein, dass der Transfer von der Forschung in die Praxis eine Herausforderung darstellt. Die Umsetzung des Projekts im Hinblick auf die EU-Verordnung für Medizinprodukte (MDR) sei komplex, da diese für die Automobilbranche Neuland sei. Die Frage der praktischen Umsetzung bleibe daher schwierig.
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