In den Straßen von Cochabamba, Bolivien, trifft Tradition auf Moderne. Junge Frauen, gekleidet in die farbenfrohen Polleras, die traditionellen Röcke der indigenen Bevölkerung, zeigen auf ihren Skateboards beeindruckende Tricks. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 23. November 2024 berichtete, hat sich dort ein Kollektiv namens Imilla Skate gegründet, das diese ungewöhnliche Kombination aus indigener Tracht und Streetstyle pflegt.
Die Imilla Skate-Gruppe, deren Name im Quechua „junge Frau“ bedeutet, ist mehr als nur ein Sportverein. Sie ist Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins indigener Frauen in Bolivien. Für Deysi Tacuri Lopez, ein Mitglied des Kollektivs, ist das Skateboardfahren in der Pollera ein Symbol der Verbindung zu ihren Wurzeln und gleichzeitig ein Weg, ihre Leidenschaft auszuleben. Die FAZ zitiert sie mit den Worten ihrer Mutter: „Ich bin geboren, um eine Pollera zu tragen, und werde in der Pollera sterben.“ Tacuri Lopez hat bereits mehrere Medaillen gewonnen, und das stets in ihrer traditionellen Kleidung.
Die Geschichte der Pollera ist eng mit der Kolonialgeschichte Boliviens verbunden. Ursprünglich von den spanischen Kolonialherren im 16. Jahrhundert als eine Art Uniform für indigene Frauen eingeführt, wurde sie später zum Symbol des Widerstands und der kulturellen Identität. Lange Zeit galten Cholas, die Frauen in traditioneller Kleidung, als rückständig und wurden diskriminiert. Das hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten, insbesondere nach der Wahl von Evo Morales zum ersten indigenen Präsidenten Boliviens im Jahr 2006, grundlegend geändert. Wie die FAZ berichtet, hat Morales Gesetze gegen Diskriminierung erlassen und die politische und soziale Teilhabe der indigenen Bevölkerung gefördert.
Der wirtschaftliche Aufschwung Boliviens in den letzten Jahren hat auch zur Entstehung einer indigenen Mittelschicht und einer wohlhabenden Elite beigetragen. Die Cholas, traditionell bekannt für ihre Geschäftstüchtigkeit, spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Die Pollera hat ein Revival erlebt und wird heute in modernen Variationen auf Modenschauen präsentiert. Eine Chola zu sein ist heute kein Stigma mehr, sondern ein Grund zum Stolz, so die FAZ.
National Geographic berichtete am 17. Januar 2023 ebenfalls über die Imilla Skate-Gruppe und betonte die Bedeutung der Polleras als Symbol kultureller Identität. Daniela Santiváñez, Mitbegründerin des Kollektivs, erklärte gegenüber National Geographic, dass die Gruppe mit ihren Auftritten Vorurteile gegenüber der traditionellen Kleidung abbauen möchte. „Die Leute sollen verstehen, dass es nicht schlimm ist, eine Pollera zu tragen – sie ist Teil unserer Wurzeln. Wenn überhaupt, sollten wir stolz darauf sein.“
Die Imilla Skate-Gruppe kombiniert die Pollera mit modernen Elementen und kreiert so ihren eigenen Stil. Sie wollen jungen Mädchen aus einfachen Verhältnissen zeigen, dass Herkunft und Geschlecht keine Hindernisse für die Verwirklichung ihrer Träume sind. Das Skateboarden, oft als männlich dominierte Sportart wahrgenommen, wird so zum Symbol der Emanzipation.
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