22.12.2024
Jänschwalder Christkind Lebendige sorbische Tradition im Advent

Das sorbische Jänschwalder Christkind: Eine lebendige Tradition

In Jänschwalde (Spree-Neiße) hält sich ein besonderer sorbischer Brauch: Am letzten Adventssonntag besucht das „Jansojski bog“ (Jänschwalder Christkind) die Familien und beschenkt die Kinder. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, erscheint das Christkind schweigend, bedeckt mit Perlen und bunten Bändern, und verteilt kleine Gaben wie Plätzchen, Äpfel, Nüsse und andere Süßigkeiten.

Die Tradition wurde erstmals 1878 schriftlich erwähnt und wird bis heute gepflegt, so Rosi Tschuck, Vorsitzende der örtlichen Domowina-Gruppe, gegenüber der dpa. Ursprünglich verkörperten Mädchen, die im darauffolgenden Jahr heiraten sollten, das Christkind. Die Verhüllung des Gesichts diente dazu, ihre Identität geheim zu halten. Dieses Jahr besuchen das Christkind und seine zwei Begleiterinnen etwa 40 bis 50 Familien.

Im Gegenzug für ein kleines Geschenk tragen die Kinder Gedichte vor oder singen Lieder. Darüber hinaus, so Tschuck gegenüber dpa, streicht das Christkind Kindern und Erwachsenen mit einer Rute sanft über die Schulter – ein Zeichen für Glück und Segen.

Das Ankleiden des „Jansojski bog“ ist ein aufwendiger Prozess, der ungefähr eine Stunde dauert. Das Christkind trägt ein Hemd, einen traditionellen Rock und zwei mit bunten Bändern verzierte Schürzen. Der Kopfputz besteht aus einem mit Tanne und Myrthe gebundenen Kranz, geschmückt mit bunten Bändern und Perlenketten. Wie die Webseite des WITAJ-Sprachzentrums erläutert, setzt sich die Tracht aus den schönsten Elementen der niedersorbischen Tracht zusammen. Früher trug jedes Mädchen der Spinnstube etwas zu diesem besonderen Gewand bei.

Für die Einwohner von Jänschwalde ist die Schönheit des Christkindes von großer Bedeutung. „Das ganze Dorf ist jedes Jahr gespannt“, berichtet Tschuck der dpa. Zu DDR-Zeiten gestaltete sich die Beschaffung von Glasperlen für den Schmuck schwierig. Dorfbewohner brachten Perlen aus ihren Urlauben in der Tschechoslowakei mit und stellten sie zur Verfügung. In der DDR wurde das Christkind als „Bescherkind“ bezeichnet.

Auch in anderen Regionen, beispielsweise im Gebiet um Schleife in der Oberlausitz, wird dieser Brauch bewahrt. Das WITAJ-Sprachzentrum beschreibt, wie das Christkind sein Kommen mit einem Glöckchen ankündigt und mit einer bunt geschmückten Birkenrute an Fenster und Türen klopft. Schweigend betritt es mit seinen Begleiterinnen das Haus und beschenkt die Kinder, nachdem diese Weihnachtslieder gesungen oder Gedichte rezitiert haben. Mit der Rute streicht es den Anwesenden dreimal über die Schulter – ein Symbol für Gesundheit und Glück.

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