Der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, sieht die Solidität der Eurozone trotz der hohen Staatsverschuldung Frankreichs nicht in Gefahr. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) in einem Interview mit Trichet vom 29. Oktober 2024 berichtet, mahnt er die Europäer jedoch zu tiefgreifenden Reformen. Frankreich habe nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Jahr 2008, so Trichet gegenüber der F.A.Z., "aus vielfältigen und komplexen Gründen eine zu kostspielige Haushaltspolitik betrieben, unabhängig davon, welche politische Strömung an der Macht war".
Trichet erkennt zwar eine zunehmende Bewusstwerdung für die Notwendigkeit der Haushaltssanierung sowohl bei der Regierung von Michel Barnier als auch in der Öffentlichkeit, betont aber gleichzeitig die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen. Er verweist auf die Notwendigkeit struktureller Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften zu stärken. Gerade in Zeiten globaler Herausforderungen sei ein geeintes Europa unerlässlich, um wirtschaftlich und politisch handlungsfähig zu bleiben. "Wenn die Europäer nicht vereint sind, fallen sie zurück", so Trichet wörtlich gegenüber der F.A.Z..
Der ehemalige EZB-Präsident äußert sich in dem Interview auch zu den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen und den Herausforderungen für Europa. Er unterstreicht die Bedeutung internationaler Kooperation und die Notwendigkeit, protektionistischen Tendenzen entgegenzuwirken. Die europäische Integration sieht er als Schlüssel für Stabilität und Wohlstand in der Region. Trichet betont die Notwendigkeit von Reformen im Bereich der Finanzmärkte und der Bankenregulierung, um zukünftige Krisen zu vermeiden.
Die F.A.Z. berichtet weiter, dass Trichet die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten hervorhebt, um die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs zu meistern. Er warnt vor den Folgen einer zunehmenden Fragmentierung Europas und plädiert für eine Stärkung der europäischen Institutionen. Die Bewältigung der demografischen Entwicklung und die Förderung von Innovationen seien zentrale Aufgaben für die Zukunft Europas.
Trichet betont in dem Interview mit der F.A.Z. auch die Bedeutung einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik, die ökologische Aspekte berücksichtigt. Der Klimawandel stelle eine große Herausforderung dar, die nur durch gemeinsame Anstrengungen bewältigt werden könne. Er plädiert für Investitionen in erneuerbare Energien und eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen.
Abschließend unterstreicht Trichet die Bedeutung des europäischen Projekts für Frieden und Wohlstand in der Region. Die europäische Einigung sei ein historischer Erfolg, der nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe. Er appelliert an die europäischen Bürger, sich aktiv für die Zukunft Europas einzusetzen.
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.): Jean-Claude Trichet: „Wenn die Europäer nicht vereint sind, fallen sie zurück“ (29.10.2024)