Die Politologin und Aktivistin Emilia Roig reiht sich mit ihrem Essay "Lieben" in die aktuelle Debatte um queere, feministische und postromantische Beziehungsmodelle ein. Ähnlich wie Carolin Wiedemann ("Zart und frei", 2021) und Şeyda Kurt ("Radikale Zärtlichkeit", 2021) hinterfragt Roig die gesellschaftliche Prägung von Beziehungen und sucht nach Alternativen zu traditionellen Strukturen. Schon in ihrem Buch "Das Ende der Ehe" (2023) kritisierte sie, laut F.A.Z., die Ehe als Ausdruck heteronormativer Unterdrückung und plädierte für eine "Revolution der Liebe".
Diese Kritik an der klassischen Paarbeziehung und der Kernfamilie setzt Roig in "Lieben" fort. Dabei verarbeitet sie, wie die F.A.Z. in ihrer Rezension vom 21.12.2024 schreibt, auch persönliche Erfahrungen mit traumatischen Verlusten und Gewalt. Der Essay, so die F.A.Z., sei jedoch von Widersprüchen geprägt. Obwohl sich Roig als "queer" bezeichnet und für Menschen eintritt, die sich nicht an binäre Beziehungsnormen halten, verfalle sie teilweise in Geschlechterklischees. Beispielsweise interpretiere sie die Aufklärung als Triumph eines "maskulinen kognitiven Stils" über "intuitives weibliches Wissen".
Roig argumentiert, dass Frauenfreundschaften liebevoller und solidarischer als Ehen und polygame Beziehungen weniger egoistisch als monogame seien. Sie plädiert für einen liebevolleren Umgang mit Tieren und Natur und dekonstruiert, in Anlehnung an Eva Illouz, die romantische Liebe als kapitalistisch geprägtes Konstrukt. Gleichzeitig, so die F.A.Z., erscheinen Roigs eigene Lösungsvorschläge wenig überzeugend. Sie propagiert die Überwindung der "Hierarchie der menschlichen Beziehungen" und der "Übermacht der Paare" als Schlüssel zu einem erfüllten Leben.
Im letzten Kapitel ihres Essays, berichtet die F.A.Z., wendet sich Roig der Esoterik zu. Astrologie und Horoskope werden als Instrumente zur Selbsterkenntnis und im Kampf für intersektionale Befreiung empfohlen. Die F.A.Z. kritisiert diese Hinwendung zur Esoterik als "blanken Aberglauben". Roig fordert einen Abschied vom "stark ausgeprägten Individualismus unserer Zeit", was laut F.A.Z. durch die Adaption ihrer esoterischen Denkmuster schnell geschehen könnte.
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