Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, über die die Zeit (Zeit Online, 8. November 2024) berichtet, zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland, wenn es um die Frage geht, ob die meisten Menschen Kinder haben sollten. Während 59 Prozent der Männer diese Frage bejahen, stimmen nur 33 Prozent der Frauen zu.
Expertinnen sehen die Hauptursache für diese unterschiedlichen Ansichten in der ungleichen Verteilung der Belastungen, die mit der Kindererziehung einhergehen. Wie die Psychologin Mareile Poettering aus Sonthofen erklärt, verändere sich für Männer durch die Geburt eines Kindes zwar vieles, doch wesentliche Lebensbereiche blieben oft stabiler als bei Frauen (Zeit Online, 8. November 2024).
Frauen investieren oft viel in Ausbildung und Karriere. Laut Poettering haben sie daher berechtigte Angst, dass eine Schwangerschaft und Kindererziehung ihre beruflichen Chancen beeinträchtigen könnten. Tatsächlich bedeuteten Kinder für Frauen oft Karriereeinbrüche, so Poettering. Manche Mütter würden in niedrigere Positionen versetzt oder verlieren sogar ihren Job (Zeit Online, 8. November 2024).
Ein weiterer Faktor ist die mangelnde Verfügbarkeit familienfreundlicher Arbeitsmodelle in deutschen Unternehmen. Viele Frauen möchten selbstständig Geld verdienen, haben aber gleichzeitig Sorge, die finanziellen Belastungen einer Familie nicht stemmen zu können. Diese Ängste sind laut Poettering begründet (Zeit Online, 8. November 2024).
Mit Kind ist oft eine größere Wohnung nötig, die in der aktuellen Situation schwer zu finden und teuer ist. Auch andere Kosten steigen stetig. Hinzu kommt, dass junge Paare heutzutage oft weit entfernt von ihren Familien leben und nicht auf deren Unterstützung bei der Kinderbetreuung zählen können. Viele kinderlose Frauen sorgen sich laut der Zeit, die "Aufgabe Kind" nicht bewältigen zu können, insbesondere angesichts der Überforderung, die sie bei Müttern in ihrem Umfeld beobachten (Zeit Online, 8. November 2024).
Die Kölner Psychologin Petra Jagow ergänzt, dass besonders Frauen der Mittelschicht von der Mehrfachbelastung betroffen seien. Vermögende Familien hätten genügend Ressourcen für die Kinderbetreuung, während in Familien mit geringem Einkommen die beruflichen Belastungen oft wegfallen und eine frühe Mutterschaft für manche junge Frauen attraktiver als eine Ausbildung erscheine (Zeit Online, 8. November 2024).
Neben den finanziellen Ressourcen spielen auch die gesellschaftlichen Erwartungen eine Rolle. Der Wunsch nach Selbstbestimmung im Leben ist in Deutschland aufgrund der Rahmenbedingungen schwerer zu verwirklichen als in anderen Ländern, so Jagow. Der gesellschaftliche Druck auf Mütter sei in Deutschland besonders hoch (Zeit Online, 8. November 2024).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele Frauen zwar Kinder möchten, aber nicht bereit sind, den aktuell hohen Preis dafür zu zahlen, so Jagow. Um den Kinderwunsch bei Frauen zu fördern, müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden, insbesondere bei der Kinderbetreuung, den Arbeitsbedingungen und der Rentengestaltung (Zeit Online, 8. November 2024).
Die Ipsos-Umfrage zeigt, dass der Unterschied im Kinderwunsch zwischen Männern und Frauen in anderen EU-Ländern etwas geringer ausfällt. 53 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen in der EU stimmen der Aussage zu, dass die meisten Menschen Kinder haben sollten (Zeit Online, 8. November 2024).
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