25.11.2024
Kulturelle Eigenverantwortung Berliner Sparmaßnahmen entfachen Debatte um staatlichen Paternalismus

Die Zeit des Paternalismus ist zu Ende

Der Ruf nach Eigenverantwortung und Wettbewerbsfähigkeit in der Kulturlandschaft wird immer lauter, während gleichzeitig die öffentliche Hand den Gürtel enger schnallt. Die Debatte um staatliche Unterstützung und die Rolle des Staates als Förderer und Lenker kultureller Aktivitäten wird kontrovers geführt. Wie Simon Strauß in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 25.11.2024 berichtete, sieht sich der Berliner Kultursenator Joe Chialo mit heftiger Kritik konfrontiert, nachdem Kürzungen im Kulturbereich bekannt wurden. Chialo verteidigt die Sparmaßnahmen als notwendige Reaktion auf die angespannte Haushaltslage und betont die Notwendigkeit struktureller Veränderungen. Er fordert von der Kultur mehr Eigenverantwortung und eine Abkehr vom paternalistischen System der Vergangenheit. Die Diskussion um die Rolle des Staates als "Vater Staat" ist nicht neu. Schon Margaret Thatcher scheiterte in den 1980er Jahren mit ihrem Kampf gegen den "nanny state", wie Norbert Bolz auf der Webseite der Ludwig-Erhard-Stiftung ausführt. Die Bürger scheinen die Betreuung durch den Staat zu wünschen, da sie von der Bürde der Freiheit entlastet werden. Diese Fürsorge führt jedoch zu Unmündigkeit und einer infantilen Haltung gegenüber dem Staat. Die aktuellen Kürzungen im Kulturbereich Berlins verdeutlichen diese Problematik. Wie die FAZ berichtet, wurden die Kulturschaffenden von den Kürzungen überrascht und reagierten mit Empörung. Chialo betont jedoch, dass die Einsparungen aufgrund der Haushaltslage unumgänglich seien und ein Mentalitätswechsel stattfinden müsse. Die Kultur müsse sich von der Abhängigkeit staatlicher Gelder lösen und wettbewerbsfähiger werden. Die Frage nach alternativen Finanzierungsmodellen steht im Raum. Chialo deutet die Möglichkeit einer Kreditfinanzierung für kulturelle Einrichtungen an, um den Haushalt zu entlasten. Konkrete Details nennt er jedoch nicht, um den laufenden Prozess nicht zu gefährden. Die Diskussion um die Pegida-Demonstrationen im Jahr 2014, wie sie Deutschlandfunk Kultur dokumentiert, zeigt ebenfalls die Problematik des staatlichen Paternalismus. Henryk M. Broder kritisiert den Hochmut und die Verachtung der politischen Elite gegenüber dem Volk. Die Bürger würden zwar zur Beteiligung aufgefordert, aber sobald sie diese wahrnehmen, würden sie als Angstbürger und Rassisten diffamiert. Die Frage nach den Grenzen des Paternalismus wird auch in anderen Bereichen diskutiert. Heiko Ulrich Zude untersucht in seinem Buch "Paternalismus" die verschiedenen Diskussionszusammenhänge des Begriffs und analysiert die impliziten Voraussetzungen und Vorwürfe, die sich hinter dem Schlagwort verbergen. Auch die Ökologiebewegung wird von manchen Kritikern als paternalistisch wahrgenommen. Ulrike Ackermann argumentiert in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), dass der Staat durch Verbote und Vorschriften die Handlungsfreiheit der Bürger einschränke und sie wie Kinder behandle. Der ideale, politisch korrekte Mensch werde von oben herab definiert und durch Subventionen und Umverteilung in die richtige Richtung gelenkt. Die Debatte um die Zukunft der Kulturfinanzierung und die Rolle des Staates wird weitergehen. Die Forderung nach mehr Eigenverantwortung und Wettbewerbsfähigkeit steht im Raum, während gleichzeitig die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung für die Kultur betont wird. Die Suche nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen staatlicher Förderung und Eigeninitiative bleibt eine zentrale Herausforderung. Quellen: - FAZ: Harte Zeiten für die Kultur: Joe Chialo im Interview (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/harte-zeiten-fuer-die-kultur-joe-chialo-im-interview-110133244.html) - Ludwig-Erhard-Stiftung: Über den Paternalismus des vorsorgenden Sozialstaates (https://www.ludwig-erhard.de/ueber-den-paternalismus-des-vorsorgenden-sozialstaates/) - Deutschlandfunk Kultur: Reaktionen auf Pegida-Demonstrationen - Paternalismus statt Dienst am Volk? (https://www.deutschlandfunkkultur.de/reaktionen-auf-pegida-demonstrationen-paternalismus-statt-100.html) - Nomos: Paternalismus (https://www.nomos-shop.de/de/p/paternalismus-978-3-495-48178-3) - NZZ: Paternalismus und Ökodiktatur (https://www.nzz.ch/paternalismus_und_oekodiktatur-ld.667027) - Duncker & Humblot: Grenzen des Paternalismus im Strafrecht (https://www.duncker-humblot.de/buch/grenzen-des-paternalismus-im-strafrecht-9783428139316/?page_id=1)
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