19.10.2024
Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Justiz am Limit?
Die Debatte um die Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat eine neue Dimension erreicht. Kurz vor der Abstimmung über den entsprechenden Gesetzesentwurf steht nicht nur die Frage der gesundheitlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen im Raum, sondern auch die mögliche administrative Belastung der Justiz. Der Deutsche Richterbund (DRB) äußerte sich kritisch gegenüber den Plänen der Bundesregierung und warnt vor einer Überlastung der Justiz. Nach Informationen des Deutschen Richterbunds könnte das geplante Gesetz, welches den Kauf und Besitz geringer Mengen Cannabis straffrei stellen will, zu einem hohen bürokratischen Kontrollaufwand führen. Laut Sven Rebehn, dem Bundesgeschäftsführer des DRB, sei die Annahme einer massiven Entlastung der Justiz durch die Legalisierung "völlig unrealistisch". Vielmehr sei mit zahlreichen neuen Streitfragen und einer Zunahme an Verfahren vor den Gerichten zu rechnen. Der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sieht vor, dass der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für Personen über 18 Jahren sowie der Anbau von maximal drei Pflanzen zum Eigenbedarf legalisiert werden sollen. Cannabis soll nicht frei verkäuflich sein, sondern in sogenannten Cannabis-Clubs gemeinschaftlich angebaut und abgegeben werden dürfen. Diese Regulierungen erfordern ein detailliertes Regelwerk, welches nach Einschätzung des DRB zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für die Justiz führen könnte. Während das Bundesgesundheitsministerium von einer Kostenentlastung bei Strafverfolgungsbehörden, Gerichten und Gefängnissen von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr ausgeht, sehen Kritiker diese Berechnungen skeptisch. Der Entwurf des Gesetzes beinhaltet auch die Aussicht auf Einsparungen bei Strafverfolgungsbehörden in Höhe von 800 Millionen Euro, bei Gerichten von 220 Millionen Euro und bei Justizvollzugseinrichtungen von 35 Millionen Euro. Die Bundesregierung verfolgt mit der geplanten Legalisierung das Ziel, den Jugendschutz zu erhöhen, den Schwarzmarkt zurückzudrängen und Kriminalität einzudämmen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, die Legalisierung mit Präventionskampagnen zu flankieren, um über die Risiken des Cannabis-Konsums aufzuklären. Der Richterbund hingegen befürchtet, dass die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt durch die Legalisierung sogar wachsen könnte, da der Erwerb und Besitz von Cannabis unabhängig von der Bezugsquelle straffrei bleiben sollen. Die Kritik des Richterbundes an den Plänen der Bundesregierung wird durch die Stellungnahmen verschiedener Akteure unterstützt. So äußerte sich der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) kritisch zu den Plänen und sprach von einem "faulen Kompromiss", der nur Verlierer produzieren würde. Auch der Deutsche Lehrerverband und medizinische Fachgesellschaften warnen vor den Folgen der Legalisierung für Jugendliche und junge Erwachsene. Die Diskussion um die Cannabis-Legalisierung bleibt somit in Deutschland ein kontroverses Thema, das nicht nur gesundheitspolitische, sondern auch rechtliche und administrative Herausforderungen aufzeigt.
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