Die Kulturtechnik des Lesens befindet sich in einem stetigen Wandel. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 11.11.2024 berichtete, belegen Studien einen Rückgang der Lesehäufigkeit, besonders im Bereich der Belletristik. Gleichzeitig eröffnen sich durch die Digitalisierung neue Möglichkeiten und Herausforderungen für das Lesen.
Statistiken und Studien versuchen, das Leseverhalten zu erfassen und zu quantifizieren. So lesen laut FAZ Millionen Menschen in Deutschland seltener als einmal im Monat in einem Buch. Die durchschnittliche tägliche Lesezeit außerhalb von Beruf und Schule ist ebenfalls rückläufig. Solche Zahlen müssen jedoch differenziert betrachtet werden, da sie verschiedene Lesegewohnheiten und -typen vermengen. Die FAZ gibt zu bedenken, dass die Aussagekraft solcher Durchschnittswerte begrenzt ist, wenn Vielleser und Wenigleser in einer Statistik zusammengefasst werden.
Auch die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen wird regelmäßig untersucht. Ergebnisse von Studien wie IGLU zeigen, dass ein signifikanter Anteil der Schüler Schwierigkeiten hat, Texte sinnentnehmend zu lesen. Die FAZ betont jedoch, dass selbst eine hohe Lesekompetenz nicht in jedem Kontext ausreicht. Die Interpretation komplexer Texte erfordert stetige Übung und Auseinandersetzung.
Lesen ist kein einmal erlernter, statischer Prozess. Wie die FAZ ausführt, verändert sich die Sinnentnahme im Laufe der Zeit und in Abhängigkeit vom individuellen Wissensstand und den Lebenserfahrungen. Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es, die Lesefähigkeit kontinuierlich weiterzuentwickeln. Lesen ist somit ein dynamischer Prozess, der stetige Übung und Auseinandersetzung mit Texten erfordert.
Lesen kann als Lust am Verstehen und Entdecken verstanden werden. Es ermöglicht den Austausch über räumliche und zeitliche Distanzen, fördert die Empathie und erweitert den Horizont. Die FAZ hebt hervor, dass diese Aspekte des Lesens in der öffentlichen Diskussion oft zu kurz kommen.
Der Schulunterricht spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Lese- und Schreibkompetenzen. Jürgen Kaube argumentiert in der FAZ, dass der Fokus im Deutschunterricht zu stark auf der Analyse und Interpretation von Texten liegt, während das kreative Schreiben oft vernachlässigt wird. Schüler sollten ermutigt werden, eigene Texte zu verfassen und ihre Schreibfähigkeiten zu entwickeln.
Eine stärkere Verknüpfung von Lesen und Schreiben im Unterricht könnte das Verständnis für die rhetorischen und ästhetischen Mittel von Texten fördern. Die FAZ plädiert dafür, den Schülern die verschiedenen Möglichkeiten des Schreibens näherzubringen und sie zum experimentellen Umgang mit Sprache anzuregen.
Die Digitalisierung hat das Leseverhalten grundlegend verändert. Ute Schneider beschreibt in ihrem Artikel "Facettenreich und unverzichtbar" auf bpb.de, wie ubiquitär das Lesen im digitalen Raum geworden ist. Von kurzen Nachrichten bis hin zu längeren Online-Artikeln – wir lesen ständig und überall. Diese neue Form des Lesens ist oft flüchtig und fragmentarisch.
Gleichzeitig nimmt die Nutzung gedruckter Bücher ab. Heinrich Riethmüller analysiert in seinem Essay "Lesekultur im Wandel" auf bpb.de die Gründe für diesen Rückgang. Die Konkurrenz durch digitale Medien, die zunehmende Schnelllebigkeit des Alltags und die veränderte gesellschaftliche Bedeutung des Lesens spielen dabei eine Rolle.
Trotz der Veränderungen im Leseverhalten bleibt das vertiefte Lesen von Büchern wichtig. Wie Ute Schneider auf bpb.de ausführt, wird dieses oft mit bildungsbürgerlichen Werten und sinnlichem Genuss assoziiert. Die Materialität des Buches und die stille Leseatmosphäre tragen zum intensiven Leseerlebnis bei.
Heinrich Riethmüller betont auf bpb.de, dass mit dem Rückgang des Bücherlesens auch bestimmte Lesefähigkeiten verloren gehen. Die konzentrierte Auseinandersetzung mit längeren Texten fördert die Aufmerksamkeitsspanne und das kritische Denkvermögen. Diese Fähigkeiten sind in einer Zeit von Fake News und Informationsüberflutung besonders wichtig.