In Uruguay hat der Linkskandidat Yamandú Orsi die Präsidentschaftswahl gewonnen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, konnte der 57-jährige ehemalige Gouverneur des Departements Canelones rund 52 Prozent der Stimmen für sich verbuchen und damit das Linksbündnis „Frente Amplio“ zurück an die Macht bringen. Der Wahlsieg Orsis löste im Lager der konservativen Regierungskoalition Fassungslosigkeit aus.
Besonders bemerkenswert ist der Verlauf des Wahlkampfes, der im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Lateinamerikas ohne starke Polarisierung, Populismus oder gar Wut und Hass verlief. Wie die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in ihrem Länderbericht analysiert, gelang es Orsi, inhaltliche Auseinandersetzungen mit seinem politischen Gegner weitgehend zu meiden und sich auf die Mobilisierung der Basis der Frente Amplio zu konzentrieren. Der ausgebildete Geschichtslehrer, der als eher unbeschriebenes Blatt auf nationaler Ebene gilt, präsentierte sich im Wahlkampf als volksnaher Kandidat und versprach den Uruguayern ein „ruhiges Leben“.
Die Wahlniederlage der Mitte-Rechts-Koalition ist überraschend, da die Regierungsbilanz, wie die KAS betont, durchaus positiv ausfällt. Das erfolgreiche Pandemiemanagement, die Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage, die Reduzierung der Inflation und der Ausbau der Infrastruktur sprechen eigentlich für die bisherige Regierung. Der Kandidat der Partido Nacional, Álvaro Delgado, hatte im Wahlkampf vor allem auf Kontinuität und präsidentiellen Habitus gesetzt. Laut KAS konnte er mit dieser Strategie jedoch nicht überzeugen und trat nie wirklich aus dem Schatten seines Vorgängers, Präsident Luis Lacalle Pou.
Wie dpa berichtet, gratulierte der scheidende Präsident Lacalle Pou seinem Nachfolger Orsi noch am Wahlabend zum Wahlsieg und kündigte eine geordnete Amtsübergabe an. Auch Delgado räumte seine Niederlage ein und gratulierte Orsi. Orsi selbst appellierte an alle Uruguayer und versprach, „Präsident des Wachstums“ zu sein. Er kündigte an, die Armut zu bekämpfen und gegen Korruption vorzugehen.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hebt hervor, dass Uruguay im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Lateinamerikas, die von Populismus geprägt sind, eine stabile Demokratie aufweist. Das Land zeichne sich durch einen breiten Konsens in Politik und Gesellschaft aus, dass Demokratie ein schützenswertes Gut ist. Kandidaten unterschiedlicher Parteien begegnen sich mit Respekt, was in anderen Ländern der Region undenkbar wäre. Auch das Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist in Uruguay vergleichsweise hoch.
Trotz der bestehenden Probleme, wie einer steigenden Mordrate und der Präsenz von Drogenbanden, scheiterte laut SZ ein Referendum zur Stärkung der Polizeibefugnisse. Die Uruguayer scheinen nicht an vermeintlich einfache Lösungen zu glauben. Auch die lange Tradition der politischen Parteien Frente Amplio und Partido Nacional, die beide schon seit Jahrzehnten existieren, unterstreicht die politische Stabilität des Landes. Wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) anmerkt, ist ein Wahlsieg der Frente Amplio möglich, obwohl die Partei in den letzten Jahren an linkem Profil verloren hat.
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