Angriffe auf die Infrastruktur im Meer, wie die mutmaßliche Sabotage an Unterseekabeln in der Ostsee Ende November 2024, verdeutlichen die Verwundbarkeit dieser für die globale Kommunikation und Energieversorgung essentiellen Systeme. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, wurde ein chinesischer Frachter, die Yi Peng 3, von Schiffen der NATO-Staaten Dänemark, Deutschland und Schweden observiert, nachdem Hinweise auf eine Beschädigung von Datenkabeln vorlagen. Die Situation zeigt die begrenzten Handlungsmöglichkeiten der Staaten auf, da das Seerecht strenge Regeln für das Vorgehen gegen Schiffe anderer Flaggenstaaten vorschreibt, selbst bei dringendem Verdacht auf hybride Angriffe.
Die strategische Bedeutung maritimer Infrastrukturen, zu denen neben Datenkabeln auch Pipelines für Öl, Gas und zukünftig auch CO2-Speicher sowie Stromkabel für Offshore-Windparks gehören, nimmt stetig zu. Die SWP-Studie "Maritime kritische Infrastrukturen" (2024) betont die zentrale Rolle dieser Infrastrukturen für die globalen Energiebeziehungen, den Welthandel und den Datenaustausch. Gleichzeitig warnt die Studie vor einer pauschalen "Versicherheitlichung" des maritimen Raums und empfiehlt, neben dem Schutz einzelner Einrichtungen insbesondere auf Resilienz und Diversifizierung zu setzen.
Die Verwundbarkeit der Unterwasserinfrastruktur wird durch verschiedene Faktoren verstärkt. Die FAZ hebt die Schwierigkeit der eindeutigen Zuordnung hybrider Angriffe hervor. Oftmals ist unklar, ob es sich um einen Unfall oder einen gezielten Sabotageakt handelt, wie im Fall der Beschädigung der Balticconnector-Pipeline zwischen Finnland und Estland im Jahr 2023, bei der auch ein Datenkabel beschädigt wurde (Deutschlandfunk, 21.11.2024). Die SWP-Studie (2024) weist auf die zunehmende Bedeutung maritimer Infrastrukturen in der Zukunft hin, etwa durch den Tiefseebergbau, was den Schutzbedarf weiter erhöht.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Schutz maritimer Infrastruktur sind komplex. Das Seerecht räumt Küstenstaaten zwar weitreichende Befugnisse im Küstenmeer ein, doch in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gilt die Hoheitsgewalt des Flaggenstaates (FAZ, 25.11.2024). Eingriffe sind nur in Ausnahmefällen wie Piraterie oder Sklaverei möglich. Diese Rechtslage erschwert die Abwehr hybrider Angriffe, wie der Jurist Valentin Schatz von der Leuphana Universität Lüneburg gegenüber der FAZ betonte. Die SWP-Studie "Spionage und Sabotage vor Europas Küsten" (2024) analysiert die völkerrechtlichen Spielräume für Abwehrmaßnahmen und beleuchtet die Schwierigkeiten, Maßnahmen gegen Schiffe zu rechtfertigen, die im Verdacht stehen, Infrastruktur auszukundschaften.
Staaten verfolgen verschiedene Ansätze zum Schutz ihrer maritimen Infrastruktur. Die NATO hat im Sommer 2023 eine Koordinierungszelle eingerichtet und erprobt den Einsatz unbemannter Systeme zur Überwachung und zum Schutz von Pipelines und Kabeln (detektor.fm, 27.09.2023). Die G7-Staaten diskutieren ebenfalls über eine verbesserte Schutzstrategie für Unterseekabel (tagesschau.de, 15.03.2024). Die Bundeswehr erforscht den Einsatz von Sensoren, Drohnen und unbemannten U-Booten zur Überwachung kritischer Infrastrukturen (bundeswehr.de, 23.06.2023). Experten betonen die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Sicherheitskonzepts, das neben militärischen Maßnahmen auch die Resilienz der Infrastruktur durch Redundanz und Diversifizierung berücksichtigt (tagesschau.de, 15.03.2024). Ein vollständiger Schutz ist jedoch aufgrund der Komplexität der Bedrohungslage und der Weite des maritimen Raums kaum möglich.
Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen wird die Anpassung des Seerechts diskutiert, um den Herausforderungen hybrider Kriegsführung gerecht zu werden. Die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit zum Schutz kritischer maritimer Infrastruktur wird von Experten betont, um die Sicherheit der globalen Kommunikation und Energieversorgung zu gewährleisten.
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