September 17, 2024
Migration in Niedersachsen: Kapazitäten der Abschiebehaft unter der Lupe

Migration: Abschiebegefängnis in Niedersachsen kaum belegt

Niedersachsen sieht sich mit einer signifikanten Unterauslastung seiner Abschiebungshaftkapazitäten konfrontiert. Aktuell sind im einzigen Abschiebegefängnis des Bundeslandes, der Abteilung Langenhagen der Justizvollzugsanstalt Hannover, lediglich 18 von 48 verfügbaren Plätzen belegt. Diese Informationen wurden vom niedersächsischen Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bereitgestellt. Die Einrichtung wird sowohl für die Abschiebungshaft als auch für den Ausreisegewahrsam genutzt.

Im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen, wo nach dem Anschlag von Solingen der Bau eines weiteren Abschiebegefängnisses angestrebt wird, sind in Niedersachsen derzeit keine solchen Pläne in Aussicht. Das Justizministerium betonte, dass die vorhandenen Kapazitäten kontinuierlich im Hinblick auf rechtliche und tatsächliche Entwicklungen evaluiert werden.

Aktuelle Situation der Ausreisepflichtigen in Niedersachsen

Zum Stichtag 30. Juni waren in Niedersachsen insgesamt 20.677 Personen ausreisepflichtig. Unter diesen befanden sich 11.726 abgelehnte Asylbewerber, von denen etwa 10.000 über eine Duldung verfügten. Eine Duldung wird gewährt, wenn beispielsweise ein Abschiebestopp aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsland besteht oder wenn die Identität des Betroffenen nicht geklärt ist.

Die politische Diskussion über die Abschiebepraxis hat an Intensität zugenommen. Nach dem Messerangriff in Solingen forderte die Opposition im niedersächsischen Landtag eine konsequentere Durchsetzung von Abschiebungen. Sebastian Lechner, der Fraktionschef der CDU, äußerte Ende August, dass Personen, die sich Abschiebungen widersetzen, nicht einfach in Freiheit gelassen werden sollten. Stattdessen sollten sie in Ausreisegewahrsam oder Abschiebehaft genommen werden.

Rufe nach schnelleren Asylverfahren

Ein weiterer Aspekt der aktuellen Debatte betrifft die Asylverfahren in Niedersachsen. Immer wieder wird gefordert, diese Verfahren zu beschleunigen. Justizministerin Kathrin Wahlmann erklärte, dass die Verfahrenslaufzeiten im Vergleich zu den Vorjahren bereits gesenkt werden konnten. Sie zeigte sich optimistisch, dass dieser Trend fortgesetzt werden kann. Auf Initiative des Landes wurden Vereinfachungen beschlossen, die eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge ermöglichen sollen.

Seit Anfang September werden die Verfahren zu Asylanträgen aus bestimmten Herkunftsländern an ausgewählten Verwaltungsgerichten konzentriert. Dies soll durch eine höhere Spezialisierung der Richterinnen und Richter zu einer schnelleren Bearbeitung führen. Zudem wurden 15 neue Richterstellen für Asylverfahren geschaffen.

Obwohl die Möglichkeit besteht, besondere Asylspruchkörper an einzelnen Verwaltungsgerichten zu bilden, hat Niedersachsen davon bislang keinen Gebrauch gemacht. Stattdessen wird zunächst beobachtet, wie sich die neue Konzentration der Verfahren auswirkt.

Statistische Entwicklungen in den Asylverfahren

Die Zahl der anhängigen Asylverfahren an den Verwaltungsgerichten in Niedersachsen ist seit 2017 kontinuierlich gesunken. Während im Jahr 2017 noch fast 21.000 Verfahren offen waren, sind es in diesem Jahr nur noch knapp 10.000. Im vergangenen Jahr wurden etwa 10.000 Asylverfahren pro Jahr erledigt, wobei die Zahl der neu eingehenden Verfahren meist etwas niedriger war. Der Belastungswert der Gerichte, ermittelt nach dem Personalbedarfssystem Pebb§y, ist an allen sieben Verwaltungsgerichten im Land im Vergleich zu 2017 zurückgegangen.

Die gegenwärtige Situation der Abschiebehaft in Niedersachsen wirft Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit weiterer Einrichtungen und die Effizienz der bestehenden Strukturen. Die Diskussion über die Abschiebepraxis und die Asylverfahren wird weiterhin von verschiedenen politischen Akteuren und gesellschaftlichen Gruppen verfolgt, während die Landesregierung die Situation regelmäßig evaluiert und anpasst.

Insgesamt zeigt sich, dass Niedersachsen in der Lage ist, seine Abschiebungshaftkapazitäten zu optimieren, während gleichzeitig die rechtlichen Rahmenbedingungen und die gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich Migration und Asyl berücksichtigt werden müssen.

Quellen: dpa, Zeit Online

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