Der Rücktritt von Peter Carlsson als Vorstandsvorsitzender von Northvolt markiert einen Wendepunkt für das schwedische Batterie-Start-up. Carlsson, der das Unternehmen 2016 mitbegründete, galt als Visionär und treibende Kraft hinter dem ambitionierten Plan, Europas Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern zu verringern. Wie die F.A.Z. berichtet, erfolgte der Rücktritt nur einen Tag, nachdem Northvolt Gläubigerschutz nach US-Recht beantragt hatte. Dieser Schritt unterstreicht die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen das Unternehmen zu kämpfen hat, trotz Milliardeninvestitionen von Unternehmen wie Volkswagen, BMW und Goldman Sachs.
Northvolt hatte sich zum Ziel gesetzt, eine der größten Batterieproduktionen außerhalb Chinas aufzubauen und damit eine Schlüsselrolle in der europäischen Energiewende zu spielen. Die geplante Gigafabrik in Schleswig-Holstein, die mit erheblichen Fördermitteln der EU, des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein unterstützt wird, sollte ein zentraler Bestandteil dieser Strategie sein. Doch wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, bestehen nun erhebliche Zweifel an der Zukunft des Projekts. Obwohl der Bau in Heide weiter voranschreitet, ist der Produktionsstart bereits verschoben worden. Die F.A.Z. zitiert Northvolt mit der Aussage, dass die deutsche Tochtergesellschaft unabhängig von der Muttergesellschaft finanziert werde und nicht Teil des Gläubigerschutzverfahrens sei. Dennoch bleibt die Frage, wie sich die finanzielle Schieflage der Muttergesellschaft langfristig auf das deutsche Projekt auswirken wird.
Die Krise bei Northvolt ist nicht nur ein Rückschlag für das Unternehmen selbst, sondern auch für die europäische Batterieindustrie insgesamt. Wie Capital berichtet, beherrschen chinesische Hersteller wie CATL und BYD weiterhin den Markt. Der Versuch, eine unabhängige europäische Batterieproduktion aufzubauen, ist damit ins Stocken geraten. Die Automobilwoche hatte bereits zuvor berichtet, dass Northvolt seine Produktionsziele verfehlt hatte und eine US-Insolvenz prüfte. Die Schwierigkeiten des Unternehmens verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen europäische Batteriehersteller konfrontiert sind, um im globalen Wettbewerb mit etablierten asiatischen Playern mithalten zu können.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete bereits im September über einen Jobabbau und das Stilllegen einiger Projekte bei Northvolt. Der damalige CEO Carlsson sprach von „harten Entscheidungen“, die notwendig seien, um die Geschäftsgrundlage zu sichern. Die jüngsten Entwicklungen zeigen jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichten, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Auch ein Interview mit Carlsson aus dem Jahr 2022, das von Capital veröffentlicht wurde, in dem er Deutschland als „Drehscheibe“ für Northvolt bezeichnete, wirkt im Rückblick beinahe ironisch.
Der Fall Northvolt wirft auch Fragen nach der Effektivität der europäischen Förderpolitik auf. Milliarden an Steuergeldern wurden in das Unternehmen investiert, in der Hoffnung, eine europäische Batterieproduktion zu etablieren. Der Gläubigerschutzantrag in den USA zeigt jedoch, dass diese Investitionen nun gefährdet sind. Wie das manager magazin berichtet, ist der Schuldenberg von Northvolt auf 5,8 Milliarden Dollar angewachsen, während die liquiden Mittel nur noch für eine Woche reichen.
Der Rücktritt von Carlsson ist ein symbolischer Abschluss eines Kapitels, das mit großen Hoffnungen begann, nun aber in einer schweren Krise endet. Die Zukunft von Northvolt und der europäischen Batterieindustrie bleibt ungewiss.
Quellen:
- F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/northvolt-kollaps-peter-carlsson-tritt-als-vorstandschef-zurueck-110128277.html
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/northvolt-dithmarschen-peter-carlsson-lux.F7ebYoH2MC5KS9oGUeDDXs?reduced=true
- Capital: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/northvolt-chef-schmeisst-hin---us-glaeubigerschutz-beantragt-35249414.html
- Automobilwoche: https://www.automobilwoche.de/e-auto-akku/northvolt-verfehlt-produktionsziele-und-pruft-us-insolvenz
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/northvolt-batterien-probleme-fabrik-schweden-heide-lux.F9CQ59UQmNBmbUGxJB9kFR
- F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/gotteslaesterung-chinas-milliardaere-zoffen-sich-110125635.html
- Capital: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/northvolt-ceo-carlsson---deutschland-wird-eine-drehscheibe--31826924.html
- Maschinenmarkt: https://www.maschinenmarkt.vogel.de/northvolt-trennt-sich-von-weit-ueber-tausend-mitarbeitern-in-seiner-heimat-a-fc540fd2594cdbaabef932011d7affaa/
- manager magazin: https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/northvolt-meldet-glaeubigerschutz-in-den-usa-an-wie-geht-es-fuer-heide-weiter-a-6918da3f-1856-48d0-a7c0-f195b91ec4dc