Das Motto „Zu alt, um nicht mehr zu protestieren!“ gewinnt in der heutigen Zeit an Relevanz, wie das Beispiel der Regisseurin Margarethe von Trotta zeigt. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen äußerte sie sich in der italienischen Zeitung „La Stampa“ kritisch gegenüber der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, wie die F.A.Z. berichtet. Von Trotta bedauerte, dass Meloni keine Politik verfolge, die echte Zeichen für mehr Geschlechtergleichheit setze. Dieser Protest geschah vor dem Hintergrund von Demonstrationen in Rom, bei denen 150.000 Menschen gegen die italienische Regierung demonstrierten. Auslöser waren Äußerungen Melonis und ihres Bildungsministers, die die zunehmende Gewalt gegen Frauen mit illegaler Einwanderung in Verbindung brachten. Von Trotta verwies darauf, dass auch in Deutschland die Femizide steigen und die Schuld ebenfalls oft Migranten zugeschrieben wird. „Das alles ist für mich unverständlich, nach den Kämpfen, die wir geführt haben, um die Gesellschaft zu verändern“, wird die Regisseurin in der F.A.Z. zitiert. Ihr Engagement unterstreicht die Bedeutung von Protest, unabhängig vom Alter.
Proteste sind ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Demokratie. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) erläutert, ermöglichen Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit den Bürgern und Bürgerinnen, ihren Widerspruch zum Ausdruck zu bringen und gesellschaftliche Probleme aufzuzeigen. Proteste sind der „Treibstoff für eine lebendige Demokratie“, so die bpb. Sie machen gesellschaftliche Missstände sichtbar und regen Diskussionen an, die zu Veränderungen führen können.
Die Frage nach der Effektivität von Demonstrationen wird oft diskutiert. Bento, das junge Angebot von Spiegel Online, befragte dazu den Protestforscher Sebastian Haunss. Dieser betont, dass eine einzelne Demonstration selten ihr Ziel erreicht, aber die Summe mehrerer Proteste durchaus etwas bewirken kann. Demonstrationen lenken die Aufmerksamkeit auf ein Thema und bringen es in die öffentliche und politische Debatte. Haunss erklärt weiter, dass Proteste besonders dann sinnvoll sind, wenn bestimmte Anliegen nicht von den im Parlament vertretenen Parteien aufgegriffen werden. Für den Erfolg einer Protestbewegung sind laut Haunss zwei Faktoren entscheidend: „Brain-Bridging“, also die Fähigkeit, ein Thema für breite Mehrheiten interessant zu machen, und eine effektive Mobilisierung, die sowohl online als auch offline stattfinden sollte.
Wie eine Sendung von MDR Fakt ist! zeigt, beteiligen sich immer mehr Menschen an Demonstrationen, während gleichzeitig die Parteibindung abnimmt. Der Politikwissenschaftler Andreas Braune beobachtet eine zunehmende „Demo-Affinität“ in der Bevölkerung und führt dies unter anderem auf den Wunsch nach Wahrnehmung zurück. Gleichzeitig bereitet ihm die zunehmende Radikalisierung einiger Protestformen Sorgen. Die Diskussion bei MDR Fakt ist! machte deutlich, dass Proteste ein wichtiges Ventil für gesellschaftliche Unzufriedenheit darstellen und als Möglichkeit gesehen werden, sich Gehör zu verschaffen.
Philipp Ruch, Philosoph und Aktionskünstler, argumentiert in der taz, dass es bei radikalen Protesten nicht primär darum gehe, Mehrheiten zu überzeugen. Vielmehr gehe es darum, die „Reibungslosigkeit zu stören“ und die Aufmerksamkeit auf Missstände zu lenken. Ruch verteidigt die radikalen Methoden der Klimaschutzbewegung und betont, dass der Protest auch dann richtig sei, wenn ihn eine Mehrheit der Gesellschaft ablehnt.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung befasst sich mit der Frage der Legalität von Demonstrationsblockaden. Blockaden, die einen Demonstrationszug faktisch unmöglich machen, stellen eine Nötigung dar und sind rechtswidrig. Symbolische Blockaden hingegen, die den Demonstrationszug nur erschweren, sind grundsätzlich erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem „Wunsiedel-Urteil“ klargestellt, dass Demonstrationsblockaden aus „übergeordneten Gewissensgründen“ unzulässig sind.
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