Baden-Württemberg investiert stark in Reallabore, um Innovationen in verschiedenen Bereichen voranzutreiben. Wie die Zeit (10. November 2024) berichtet, geht es dabei um praxisnahe Forschung, die eng mit der Gesellschaft verzahnt ist. Oliver Parodi, Gründer des Reallabors Quartier Zukunft in Karlsruhe, betont den Fokus auf "Wissenschaft in der Gesellschaft, mit der Gesellschaft und für die Gesellschaft".
Die Themen der Reallabore sind vielfältig und reichen von der Erprobung von Lastenrädern für die "letzte Meile" im urbanen Lieferverkehr bis hin zu komplexen Fragen der Künstlichen Intelligenz (KI). So gibt es beispielsweise das Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg, ein Projekt zu KI-gesteuerten Ampeln in Ellwangen und das "WaldLabOR", das sich dem Walderhalt am Oberrhein widmet. Diese Projekte verdeutlichen den praxisorientierten Ansatz der Reallabore, der einen starken Kontrast zur traditionellen, oft als abgehoben wahrgenommenen Forschung im "Elfenbeinturm" darstellt.
Die Landesregierung sieht in Reallaboren ein wichtiges Instrument zur Innovationsförderung und hat seit 2019 über 100 Millionen Euro in verschiedene Projekte investiert. Wie die dpa berichtet, ermöglichen Reallabore Unternehmen den Zugang zu modernen Entwicklungs- und Testumgebungen, um innovative Technologien zu erproben und marktreife Produkte zu entwickeln. Darüber hinaus fördern sie die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und tragen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für neue Technologien bei. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg unterstreicht die Bedeutung von Reallaboren für die praxisnahe Erforschung und Entwicklung digitaler Technologien. Auch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg betont die Rolle von Reallaboren als Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit.
Die Arbeit in Reallaboren ist nicht ohne Herausforderungen. Oliver Parodi weist darauf hin, dass der Ansatz in der Wissenschaft nicht unumstritten ist und die Grenze zum politischen Akteur fließend sein kann, insbesondere bei Themen wie Nachhaltigkeit. Trotz der Vorreiterrolle Baden-Württembergs stehen viele Reallabore noch am Anfang und sind oft nur kurzfristig finanziert. Parodi plädiert für mehr Mut zum Experimentieren in Wissenschaft und Politik, um den gesellschaftlichen Wandel langfristig begleiten zu können. Die FDP im Landtag fordert, Reallabore stärker als Instrument der Wirtschaftsförderung zu nutzen und durch Experimentierklauseln mehr Flexibilität für Unternehmen zu schaffen.
Die Investitionen in Reallabore zeigen bereits konkrete Erfolge. So wurden im Reallabor Routine Probleme bei der Entwicklung KI-gestützter Gesundheitsanwendungen untersucht. Das Projekt Videoschutz Mannheim nutzt intelligente Software, die mit realen Daten trainiert wird, um die Polizeiarbeit zu unterstützen. Das Future City Lab in Stuttgart hat dazu beigetragen, sogenannte Parklets genehmigungsfähig zu machen. Und das Reallabor Go Karlsruhe! hat die Umsetzung von innovativen Fahrbahnmarkierungen zur Fußgängerförderung ermöglicht. Das Reallabor Urban Office der Universität Heidelberg fokussiert sich auf nachhaltige Stadtentwicklung und zeigt, wie Wissenschaft und Praxis gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten können.