Die SPD will die anhaltende Diskussion um ihre Kanzlerkandidatur mit der offiziellen Nominierung von Olaf Scholz beenden. Wie die Zeit berichtet, soll der Parteivorstand am heutigen Montag Scholz erneut als Kanzlerkandidaten bestimmen. Damit soll ein Schlussstrich unter die zweiwöchige, kontroverse Debatte gezogen werden, ob der deutlich populärere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatz für den nach dem Scheitern der Ampel-Regierung angeschlagenen Scholz antreten soll. Pistorius selbst hatte am vergangenen Donnerstag seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt und damit den Weg für Scholz frei gemacht. Er gehört zu den stimmberechtigten Mitgliedern des Parteivorstands und wird somit auch an der heutigen Entscheidung beteiligt sein.
Die Hängepartie in der K-Frage hat in der SPD Spuren hinterlassen. Am Wochenende gab es beim Bundeskongress der Jungsozialisten (Jusos) heftige Kritik an der Parteiführung. Juso-Chef Philipp Türmer warf den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil Führungsversagen vor. Esken räumte daraufhin Fehler in der Außendarstellung ein: „Nein, wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben bei der Nominierung unseres Kanzlerkandidaten“, sagte sie laut ZDF. Klingbeil verteidigte im Deutschlandfunk hingegen das Vorgehen der Parteiführung: Es sei wichtig, „in die Partei reinzuhorchen, Debatten zu führen und in unterschiedlichen Szenarien zu denken“. Gleichzeitig mahnte er die Partei, den Blick nun auf die Wahl am 23. Februar zu richten. Auch Esken betonte im ZDF, dass die SPD nun gemeinsam mit Scholz in den Wahlkampf ziehen werde.
Nach der heutigen Nominierung durch den Parteivorstand muss die Kanzlerkandidatur von Scholz noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden. Dies gilt zwar als Formsache, dennoch wird Scholz' Ergebnis mit Spannung erwartet, insbesondere im Vergleich zu seiner Nominierung im Mai 2021, als er mit 96,2 Prozent der Stimmen bestätigt wurde. Damals wie heute lag die SPD in den Umfragen bei 14 bis 16 Prozent. Wie die Augsburger Allgemeine berichtet, hofft die SPD auch diesmal auf Fehler des politischen Gegners und will den Wahlkampf auf das Duell zwischen Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fokussieren. Dem Herausforderer werfen die Sozialdemokraten eine rückwärtsgewandte Politik vor und setzen auf die Regierungserfahrung und Themensicherheit von Scholz. Allerdings schneidet Scholz in den Umfragen zur Beliebtheit weiterhin schlechter ab als Merz und Pistorius, wie das ZDF-Politbarometer zeigt. Diese Daten stammen jedoch noch von vor Pistorius' Verzicht auf die Kandidatur.
Die SPD hofft, dass Scholz im Wahlkampf eine andere Seite von sich zeigen kann als die des auf Ausgleich bedachten Regierungschefs. Wie ntv berichtet, hatte Klingbeil bereits zuvor die parteiinterne Kritik an Scholz eingeräumt und betont, dass die Verantwortlichen in der SPD sich klar hinter dem Kanzler positioniert hätten. Auch mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete hatten zuletzt auf eine zügige Nominierung von Scholz gedrängt und sich für Geschlossenheit im Wahlkampf ausgesprochen. Der Deutschlandfunk zitiert unter anderem den wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, der Scholz als erfolgreichen Krisenmanager lobte und die Partei zur Geschlossenheit aufrief.
Quellen:
- Zeit Online: https://www.zeit.de/news/2024-11/25/spd-will-mit-scholz-nominierung-k-debatte-beenden
- ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/spd-debatte-kanzlerkandidatur-scholz-100.html
- ntv: https://www.n-tv.de/politik/SPD-Spitze-will-Scholz-zuegig-zum-Kanzlerkandidaten-kueren-article25368504.html
- Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/spd-spitze-will-debatte-ueber-kanzlerkandidatur-von-scholz-beenden-parlamentarier-draengen-auf-zuegi-100.html
- Augsburger Allgemeine: https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/kanzlerkandidatur-spd-muentefering-zur-k-frage-kein-vorrecht-auf-wiederwahl-103630104
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/spd-kanzlerkandidat-scholz-pistorius-lux.8kEY9Kc6DN5p4jJqrAThiX?reduced=true
- RND: https://www.rnd.de/politik/muentefering-fordert-offene-debatte-ueber-spd-kanzlerkandidatur-W6C5KAKXVBOEFL7P6FKAJBX5VQ.html