Das Phänomen der „Granfluencer“ erobert die sozialen Medien. Immer mehr Menschen über 60 präsentieren sich auf Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube und erreichen ein beachtliches Publikum. Sie teilen Einblicke in ihren Alltag, geben Modetipps, präsentieren Kochrezepte oder berichten von ihren Reisen. Doch was steckt hinter diesem Trend und welche Auswirkungen hat er auf unsere Gesellschaft?
Lange Zeit dominierten junge Menschen die sozialen Medien. Schönheitsideale und jugendliche Trends prägten das Bild. Doch die „Granfluencer“ durchbrechen diese Konventionen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, reden Senioren im Netz über Bücher, Mode und Körper – manche ziehen sogar blank. Die 94-jährige Influencerin Licia Fertz, die auf Instagram Fotos oben ohne postet und mit ihrem Hintern wackelt, ist ein Beispiel dafür, wie die ältere Generation die Grenzen des Konventionellen sprengt und ein neues Selbstverständnis im digitalen Raum entwickelt. Ihre 259.000 Follower zeigen, dass diese Offenheit Anklang findet.
Die wachsende Präsenz älterer Menschen in den sozialen Medien spiegelt einen gesellschaftlichen Wandel wider. Senioren sind aktiver und selbstbewusster als je zuvor. Sie nutzen die digitalen Plattformen, um sich auszudrücken, mit anderen in Kontakt zu treten und ihre Erfahrungen zu teilen. Der Hype um die „Granfluencer“ zeigt, dass das Alter kein Hindernis für die Teilnahme am digitalen Leben ist.
Die „Granfluencer“ bieten nicht nur Unterhaltung, sondern fungieren auch als Vorbilder und Botschafter für ein positives Altersbild. Sie zeigen, dass das Leben mit über 70 Jahren noch lange nicht vorbei ist und dass Senioren aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Wie der BR berichtet, präsentieren „Granfluencer“ wie Aki und Koichi aus Kalifornien täglich ihre Outfits und die italienische Netzberühmtheit Nonna Silvi teilt ihr Rezept für die perfekte Carbonara, das auf Instagram millionenfach angesehen wurde.
Die Soziologin Silke van Dyk sieht in diesem Trend eine „Aufwertung des Alters“. Sie betont jedoch auch die Gefahr, dass der Druck auf diejenigen steigt, die diesen Ansprüchen an Aktivität und Vitalität nicht gerecht werden können. Wie der BR weiter berichtet, sind auf Plattformen wie TikTok und Instagram Themen wie Pflegeheime, Altersarmut oder Gebrechen kaum sichtbar. Hier liegt die Chance für die „Granfluencer“, auch diese Themen in den sozialen Medien zu repräsentieren und mitzugestalten.
Die „Granfluencer“ sind nicht nur ein kulturelles Phänomen, sondern auch wirtschaftlich relevant. Wie ISPO.com berichtet, arbeiten Marken und Unternehmen mit „Granfluencern“ zusammen, um die wachsende Zielgruppe der über 50-Jährigen zu erreichen. Die Authentizität und Lebenserfahrung der „Granfluencer“ macht sie zu attraktiven Partnern für Marketingkampagnen.
Die NZZ am Sonntag berichtet von dem Erfolg von „Granfluencern“ auf TikTok und betont die Authentizität, die das Marketing an ihnen schätzt. Die Frage, ob dies das Ende des Jugendwahns bedeutet, bleibt offen.
Die „Granfluencer“ sind mehr als nur ein kurzlebiger Trend. Sie repräsentieren eine Generation, die aktiv am digitalen Leben teilnimmt und die sozialen Medien auf ihre Weise prägt. Sie brechen mit Altersstereotypen, bieten Inspiration und unterhalten Millionen von Followern. Die „Granfluencer“ zeigen, dass Alter keine Frage der Zahl, sondern eine Frage der Einstellung ist.
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